Sprit sparen mit Vollgas – Tipps vom Experten
Mit unseren Fahrtipps von Experten verringern Sie den Kraftstoffverbrauch Ihres Autos und schonen Geldbeutel wie Umwelt

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Sie legen den ersten Gang ein, lassen die Kupplung langsam kommen und treten beherzt aufs Gaspedal. Die Nadel des Drehzahlmessers wandert rasch zur Marke 3000 U/min. Dann schalten Sie in den zweiten Gang, beschleunigen erneut und sind schließlich im dritten oder vierten Gang mit gut 50 km/h im Stadtverkehr unterwegs. Zigtausendmal hat jeder Autofahrer diese Schritte wiederholt, so oft, dass sie den meisten längst in Fleisch und Blut übergegangen sind. Auf solche Art zu fahren, vermittelt das Gefühl, zügig voranzukommen, mobil zu sein. Und wenn dann auch noch die Autobahn frei ist, nutzen viele die Leistung ihres Fahrzeugs gern aus.
Teure Routine
Wie energieeffizient diese Fahrweise ist, darüber machen sich die meisten Fahrer wenig Gedanken. Schließlich liegt der letzte „Benzinpreis-Schock“, als der Liter Superbenzin teilweise deutlich mehr als 1,50 Euro kostete, schon einige Jahre zurück. Anfang 2018 beträgt der Literpreis in Deutschland etwa 1,35 Euro, in Österreich liegt er bei 1,17 Euro. Gleichzeitig versprechen die Autohersteller dank moderner Motortechnik wahre Verbrauchswunder, warum also nicht weiter sportlich fahren? Wer doch an den Verbrauch denkt, reduziert meist allenfalls seine Geschwindigkeit und hält beispielsweise auf der Autobahn öfter die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h ein.
Dabei steckt viel mehr Sparpotenzial im eigenen Verhalten.
„Durch eine konsequente Veränderung seines Fahrstils kann man bis zu 20 Prozent Kraftstoff sparen“, erklärt Reinhard Buchsdrücker, Projektleiter bei der DEKRA Akademie, die Spartrainings für Berufskraftfahrer anbietet. Bei einer durchschnittlichen Fahrleistung von 14.000 Kilometern pro Jahr und einem Verbrauch von acht Litern auf 100 Kilometer sind das rund 224 Liter. Im Jahr sparen Sie an die 300 Euro!
Gas geben und sparen
Der vielleicht überraschendste Spartipp lautet: Sie dürfen ruhig (fast) Vollgas geben – aber nur bei sehr niedrigen Drehzahlen! Rainer Zeltwanger, Vorsitzender des Bundesverbands deutscher Fahrschulunternehmen e. V., empfiehlt, den ersten Gang nur ganz kurz zum Anrollen zu nutzen und umgehend hochzuschalten. „Treten Sie dann ruhig etwas kräftiger aufs Gaspedal, aber nur jeweils bis maximal 1800 U/min“, betont der Fahrlehrer. Der Benzinverbrauch wird nicht allein durch die Gaspedalstellung beeinflusst, sondern viel mehr durch die Drehzahl des Motors. Energiesparend fährt, wer zügig die gewünschte Geschwindigkeit erreicht und möglichst früh in den höchsten Gang schaltet. Das bedeutet die fünfte oder sogar sechste Fahrstufe auch in der Stadt, so Zeltwanger. Seit 1988 führt er in seiner Fahrschule Kurse zum energiesparenden und umweltfreundlichen Autofahren durch. Manch „alter Hase“ sorgt sich bei diesem Tipp vielleicht um den Motor. Es ertönte nämlich ein hässlich klapperndes Geräusch, gab man früher bei niedriger Drehzahl Vollgas. Das konnte dem Antrieb tatsächlich schaden. Alexander Bloch, Chefreporter beim Fachmagazin auto, motor und sport, beruhigt aber: „Moderne Motoren vertragen die sehr niedertourige Fahrweise problemlos.“
Benzin sparen Sie auch, indem Sie vorausschauend fahren.
In der Praxis bedeutet das, Situationen früh zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren – zum Beispiel an Kreuzungen mit Stoppschildern und Ampeln, die Rot anzeigen. „Teilnehmer an Spritsparkursen sind immer erstaunt, wie viel sich allein schon durch die volle Ausnutzung der Rollphasen sparen lässt“, berichtet Buchsdrücker, ein Experte der DEKRA. Gehen Sie früh vom Gas, aber schalten Sie dabei nicht in den Leerlauf, denn dann verbrennt das Auto weiter Kraftstoff. Die Fahrzeuge sind heute meist mit einer sogenannten Schubabschaltung ausgerüstet, die dafür sorgt, dass beim Ausrollen kein Kraftstoff in den Motor fließt. Auch Rainer Zeltwanger beobachtet oft, wie Fahrer vor roten Ampeln viel zu spät vom Gas gehen. Dadurch wird dem Motor länger als nötig Kraftstoff zugeführt, außerdem müssen Sie stärker abbremsen. „Halten Sie zudem stets ausreichend Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug“, rät er. „Wer zu dicht auffährt, muss durch Bremsen und Beschleunigen häufig sein Tempo anpassen. Fahren Sie besser gleichmäßig und vermeiden Sie auch das Lückenspringen.“ Im Stadtverkehr einen niedrigen Gang eingelegt zu lassen, um jede Lücke nutzen zu können und die Fahrspur oft zu wechseln, hat hohe Drehzahlen und häufiges, starkes Abbremsen zur Folge. Der gefühlte Zeitgewinn ist teuer, denn der Kraftstoffverbrauch schnellt bei dieser Fahrweise in die Höhe.
Unterstützende Technik
Autohersteller werben gern mit dem niedrigen Verbrauch ihrer Fahrzeuge. Tatsächlich ist die Antriebstechnik in den letzten Jahrzehnten immer effizienter geworden. Obwohl die Autos durch mehr Sicherheits- und Komfortausstattung schwerer und auch leistungsstärker geworden sind, sank gleichzeitig der Verbrauch. Ein VW Golf beispielsweise verbrauchte 1990 laut Test des Magazins AutoBild mit der Basis-Motorisierung von 55 PS auf 100 Kilometer 8,1 Liter Super. 20 Jahre später hatte sein Nachfolger 80 PS und wog gut 370 Kilogramm mehr. Trotzdem war er effizienter, denn der Motor schluckte im Test gerade mal 0,1 Liter mehr. Noch wirkungsvoller ist das sogenannte Downsizing, also der Einsatz kleinvolumiger Motoren mit Aufladung. Der aktuelle Golf 1.0 TSI BlueMotion mit Dreizylinder-Turbo-Motor hat 115 PS und verbrauchte im Test nur 5,3 Liter auf 100 Kilometer. Achten Sie beim Neukauf eines Fahrzeugs auf die Verbrauchswerte.
Verlassen Sie sich dabei nicht nur auf die Herstellerangaben.
Nicht zuletzt der sogenannte Dieselskandal um manipulierte Verbrauchs- und Emissionswerte hat gezeigt, dass die Angaben der Hersteller deutlich niedriger liegen als die in der Praxis erzielbaren Werte. Ein neues Prüfverfahren (WLTP) soll künftig für mehr Klarheit sorgen: Ab September 2018 sollten Sie als Neuwagenkäufer auf die Verbrauchsangabe nach WLTP achten. Tests in Fachzeitschriften oder Nutzererfahrungen im Internet, wie jene unter www.spritmonitor.de, geben heute schon Auskunft über reale Verbrauchswerte. Wenn Sie ein Auto mit Dieselmotor kaufen möchten, dann möglichst eines, das die neueste Norm Euro 6 erfüllt.
Start-Stopp-Automatik, Durchschnittsverbrauchs-Anzeige und Co.
Ist Ihr Auto nicht mit einer Start-Stopp-Anlage ausgestattet gilt für Sie weiterhin der bewährte Spritspartipp „Zündung aus beim längeren Stopp an der Ampel“. Vorteil der Anlage, die heute in den meisten Autos mit Schaltgetriebe serienmäßig vorhanden ist: Sie nimmt dem Fahrer die Entscheidung ab, wann er den Motor abschalten sollte. Zudem bleibt die Elektrik an – also etwa Lüftungsgebläse oder Radio. Sehr hilfreich sind auch Anzeigen im Cockpit, die den Momentan- sowie Durchschnittsverbrauch angeben. Warum machen Sie nicht einfach ein Spiel daraus, die Zahl möglichst klein zu halten? Ähnlich gute Unterstützung beim energiebewussten Fahren bietet eine Schaltpunktanzeige in der Instrumententafel, die darauf hinweist, wenn ein Gangwechsel sinnvoll ist.
Spritsparen bei Benzin- oder Dieselmotor funktioniert ähnlich.
Für eine energiesparende Fahrweise macht es übrigens keinen grundsätzlichen Unterschied, ob das Auto einen Benzin- oder einen Dieselmotor hat. Auch für umweltfreundliche Fahrzeuge mit Elektromotor oder Hybridantrieb gelten im Prinzip dieselben Fahrtipps – bis auf das frühe Hochschalten, denn Elektroautos haben nur eine Fahrstufe. Ein Hauptkritikpunkt an den heute erhältlichen E-Fahrzeugen ist die eingeschränkte Reichweite. Tipp: Schalten Sie nicht unbedingt nötige Geräte, wie zum Beispiel Klimaanlage oder Radio ab, auch das erhöht die Reichweite.
Clever planen
Es klingt banal, aber der beste Spartipp lautet: das Auto stehen lassen! Welche kurzen Wege können Sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen? Ein kalter Motor verbraucht deutlich mehr Sprit als ein betriebswarmer Motor. Legen Sie wenn möglich Fahrten zusammen, verbinden Sie also den Arztbesuch mit der Fahrt zum Wertstoffhof oder Supermarkt. Schließlich gilt es noch, das Auto zu überprüfen. „Die meisten Fahrer wissen zwar, dass unnötiger Ballast im Kofferraum den Verbrauch hochtreibt“, sagt Rainer Zeltwanger, „aber sie vergessen viel zu oft, das überflüssige Gewicht zu entfernen.“ Auch Dachgepäck- oder Fahrradträger fressen Energie. Montieren Sie sie nur, solange Sie sie auch wirklich brauchen. Ein altbewährter Tipp, den Sie ebenfalls beherzigen sollten: Kontrollieren Sie regelmäßig den Reifenluftdruck, und erhöhen Sie ihn auf den Wert, den der Hersteller für maximale Zuladung angibt. Wer noch mehr sparen möchte, lässt beim nächsten fälligen Wechsel Leichtlaufreifen montieren. Wenn Sie über unsere Fahrtipps hinaus das volle Sparpotenzial kennenlernen möchten, das in Ihrem Gasfuß steckt: Einige Automobilclubs sowie Fahrschulen bieten spezielle Trainings an, die je nach Dauer etwa 80 bis 150 Euro kosten. Diese Investition kann sich schon nach kurzer Zeit lohnen – besonders, falls die Spritpreise künftig wieder steigen sollten.
5 Spritspar-Tipps
- Auto stehen lassen. Kürzere Strecken in der Stadt lassen sich oft genauso schnell zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen, weil die Parkplatzsuche entfällt. Außerdem verbraucht ein kalter Motor mehr Kraftstoff als ein betriebswarmer.
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Hohe Drehzahlen vermeiden. Legen Sie beim Anfahren und Beschleunigen sehr früh den nächsten Gang ein, schalten Sie also bereits bei 1500 bis 1800 U/min hoch.
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Tempo reduzieren. Halten Sie sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen. Fahren Sie auch auf deutschen Autobahnen maximal Richtgeschwindigkeit (130 km/h).
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Vorausschauend fahren. Vermeiden Sie unnötige Bremsmanöver und anschließende Zwischensprints, indem Sie ausreichend Abstand zum Vorausfahrenden einhalten. Lassen Sie Ihr Fahrzeug vor roten Ampeln oder an Kreuzungen frühzeitig mit eingelegtem Gang ausrollen.
- Fahrzeug optimieren. Achten Sie beim Neukauf eines Fahrzeugs auf die Verbrauchswerte. Entfernen Sie unnötigen Ballast aus dem Kofferraum, und erhöhen Sie den Luftdruck der Reifen. JS