Fett ist Ihr Freund
Der Nährstoff ist lebenswichtig – ohne Fett würde unser Körper nicht funktionieren.

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Lange Zeit waren Fette verpönt. Es hieß, sie würden Gefäße verstopfen, krank machen – und vor allem dick. Heute weiß man: Das stimmt so nicht. Ein Leben ohne Fett wäre nicht nur geschmacklos, sondern schlicht unmöglich für den Menschen. Jede unserer Abermillionen Zellmembranen besteht in erster Linie aus Fett. Unser Körper benötigt es nicht nur für den Aufbau der schützenden Zellwände, sondern auch für andere Prozesse, etwa die Produktion von Hormonen. Fett liefert Muskeln, Herz und Gehirn Energie, sättigt uns und stärkt das Immunsystem. Der Körper weigert sich sogar die Vitamine A, D, E und K ohne Fett aufzunehmen. Sie dient ihnen sozusagen als Mitfahrgelegenheit in unseren Organismus. Ohne Speisefette würden wir an Vitaminmangel leiden.
Künstliche Transfette schaden
Es gibt aber auch solche, die krank machen: industrielle Transfette. „Der Körper braucht alle Fette, außer Transfettsäuren,“ sagt die Internistin Dr. med. Anne Fleck, bekannt aus dem NDR-Fernsehen. Künstliche Transfette können bei industrieller Teilhärtung bestimmter Öle entstehen, etwa um streichfeste Margarine herzustellen. Sie bilden sich auch beim hohen Erhitzen einiger Fette, stecken in stark verarbeiteten Produkten wie Frittiertem, Tiefkühlpizzen und Gebäck. Über die gravierenden Auswirkungen dieser Fette ist sich die Fachwelt einig. „Transfette aus Fastfood führen nachweislich zu Veränderungen an den Gefäßen“, so Fleck. „Sie sind damit eine Transportrakete für Herz-Kreislaufkrankheiten und Schlaganfälle“. In Deutschland sind Transfette nicht deklarationspflichtig. Meiden Sie Produkte wie Streichfette oder Backwaren mit dem Hinweis „teilweise gehärtet“ in der Zutatenliste. Hier lauern Transfette!
Wir brauchen natürliche Fette
Unter den natürlichen Fetten haben alle drei Fettsäuren ihre Berechtigung auf unserem Teller: gesättigt, einfach ungesättigt und mehrfach ungesättigt. „Sie erfüllen verschiedene Funktionen“, so Biologin und Ernährungsberaterin Dr. Dagmar Mayer aus Gönnheim. In Kokosöl und Milch sowie Milchprodukten, etwa Butterschmalz, sind vor allem gesättigte Fettsäuren zu finden. „Sie geben den Zellen Festigkeit und schützen sie vor Eindringlingen“, erklärt Mayer. Auch Fleisch und Eier enthalten viele dieser Fettsäuren.
„Ungesättigte Fettsäuren verleihen unseren Zellen Flexibilität“, sagt die Biologin. „So können etwa rote Blutkörperchen geschmeidig in kleinste Gefäße vordringen und das Gewebe optimal mit Sauerstoff versorgen, ohne sich irgendwo einzuklemmen.“ Besonders reich an einfach ungesättigten Fettsäuren sind Oliven- und Rapsöl sowie Avocados und Nüsse. Zu den mehrfach ungesättigten zählen die viel gelobten Omega-3-Fettsäuren aus Leinöl und fettem Fisch. „Sie besitzen diverse kommunikative Fähigkeiten in unserem Organismus. Omega-3-Fettsäuren sensibilisieren unsere Zellen zum Beispiel für Insulin, was vor Diabetes schützt“, so Mayer. Unser Körper braucht mehrfach ungesättigte Fettsäuren, kann sie aber nicht oder nur bedingt selbst bilden. Wir müssen sie mit der Nahrung zu uns nehmen.
Unser Täglich Fett
Alles, was unser Körper nicht zur Energiegewinnung benötigt, bunkert er aus alter Gewohnheit für „schlechte Zeiten“. Überschüssige Kohlenhydrate werden größtenteils als Depotfett gespeichert. Unsere Schwimmringe allein dem Speisefett anzukreiden, wäre unfair. Die Mär vom Fett, das dick macht, nutzt die Industrie aus: Fettarme Produkte lassen uns glauben, sie wären gesünder und schlügen auf der Waage weniger zu Buche. „In Wirklichkeit haben sie trotz weniger Fett mitunter den gleichen oder gar einen höheren Kaloriengehalt als vollfette Produkte“, erklärt Dr. Anne Fleck. Ihnen wird paradoxerweise häufig Zucker hinzugefügt, um den Geschmacksverlust durch die Fettreduzierung zu kompensieren. „Zu viel Zucker ist aber schädlicher als zu viel Fett“, so Fleck.
Verzehrt man reichlich Zucker, auch als Brot oder Nudeln, steigt der Triglyceridspiegel, der Anteil eines bestimmten Fettes im Blut. „Dadurch erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen weit mehr als durch das oft gefürchtete Cholesterin, eine andere fettähnliche Substanz“, erläutert Biologin Mayer. „Haben wir durch üppig Kohlenhydrate zu viel Insulin im Blut, klappt die Fettverbrennung nicht mehr ausreichend. Eine fett- und eiweißreichere Ernährung kann das verhindern.“
Die Qualität ist entscheidend
Niemand hat Lust, ständig Kalorien zu zählen, schließlich möchten wir unser Essen genießen. Viel wichtiger als die exakte Grammzahl ist zum Glück die Qualität der Fette. Wurstbrötchen, panierte Schnitzel, Butterkuchen oder fertige Sahnedressings enthalten keine hochwertigen, sondern stark verarbeitete Fette – kombiniert mit Zucker. Pflanzliche Fette punkten mit Vielfalt. Sie bieten sekundäre Pflanzen- und Ballaststoffe, die unserem Stoffwechsel und der Verdauung guttun. Knabbern Sie statt Gebäck zum Beispiel Mandeln oder Pistazien, werden Sie mit wertvollem Fett, Proteinen und Ballaststoffen belohnt, und sparen zugleich Zucker sowie Transfette.
Dass pflanzliche Fette uns jedoch nicht per se guttun, beweisen die Omega-6-Fettsäuren. Sie stecken zuhauf in Soja-, Distel-, Sonnenblumen- und Maiskeimöl. Aber auch in Getreidewaren sowie dem Fleisch getreidegefütterter Tiere. Zwar sind Omega-6-Fette lebenswichtig, da sie unter anderem Entzündungen fördern, mit denen uns das Immunsystem etwa bei Wunden schützen will. Doch sie überwiegen auf unserem Speiseplan. Ihre Gegenspieler, die entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren, kommen zu kurz, Entzündungen nehmen überhand. Das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren spielt also eine entscheidende Rolle. Ein Ungleichgewicht bringen Experten mit Herz- und Gefäßleiden, aber auch mit Gelenkerkrankungen und Krebs in Verbindung.
Omega-6-reiche Öle meiden
Im Kampf gegen jene Krankheiten helfen uns Omega-3-Fette: „Sie können den Blutfettspiegel und damit das Arteriosklerose-Risiko senken“, erklärt Biologin Mayer. Für ein gutes Omega-Verhältnis empfiehlt es sich, auf Omega-6-Fette wie Sonnenblumenmargarine oder Maiskeimöl zu verzichten. Nehmen Sie stattdessen häufiger Raps- und vor allem Leinöl, das vor der entzündungshemmenden Fettsäure nur so strotzt. „Es kommt nicht darauf an, möglichst viele mehrfach ungesättigte Fettsäuren zu essen, sondern genug davon“, betont die Ökotrophologin Ulrike Gonder. „Die empfindlichen Säuren können im Körper ranzig werden,“ was unseren Zellen schadet. Oft ist auf Omega-3-reichen Ölen deshalb eine Höchstverzehrmenge von 1–2 Esslöffel pro Tag angegeben.
Um unseren Körper zu wappnen, schlägt Anne Fleck vor, bereits zum Frühstück entzündungshemmendes Fett zu tanken: „Quark mit einer Handvoll Obst, Nüssen und Samen, dazu etwas Leinöl mit Bioalgenzusatz. Das schafft eine gute Basis“, so die Medizinerin. Nehme man tagsüber noch Olivenöl und Fett aus anderen Quellen zu sich, sei man gut versorgt. Wichtig bei der Fettaufnahme ist auch „der kluge Mix mit anderen Lebensmitteln“, betont Fleck. Kombiniert mit Eiweiß und Gemüse oder Obst statt einem Berg Nudeln oder Brot kann der Körper das Fett optimal aufnehmen, man fühlt sich schnell und lange satt.
Fette richtig verwenden
Der Kauf des besten Öls nützt nichts, wenn man es in der Küche falsch einsetzt. Gesättigte Fettsäuren sind recht stabil: Mit Butter, Schmalz und Kokosfett dürfen wir kochen, braten, backen. Je größer der Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren desto empfindlicher ist ein Öl. Hohe Temperaturen zerstören seine wertvollen Inhaltsstoffe und schaffen ungesunde Begleitstoffe. „Unter den nativen Ölen ist Olivenöl am günstigsten zu erhitzen“, erklärt Prof. Dr. Walter Vetter vom Institut für Lebensmittelchemie der Universität Hohenheim. „Sein Rauchpunkt liegt je nach Qualität mal bei 130, mal bei 175 Grad. Daher sollte man nur mit der besten Güte von Olivenöl kochen.“ Zum Andünsten auf mittlerer Stufe eignet sich der mediterrane Tropfen also gut, nicht aber zum scharfen Anbraten.
Andere native Öle seien generell nicht für die heiße Küche gemacht, so Vetter. „Sonst nehmen nicht nur Transfette zu, sondern es entstehen toxische Stoffe wie Acrolein und Acrylsäure“, warnt der Chemiker. Da das vorwiegend einfach ungesättigte Rapsöl auch sensible Omega-3-Fettsäuren enthält, darf es keinesfalls erhitzt werden. Insbesondere mehrfach ungesättigte Fette wie Lein- oder Walnussöl sollten ausschließlich kalte Speisen verfeinern. Sie gehören weder auf den Herd, noch in den Ofen! Andernfalls schaden sie Ihnen mehr als sie nutzen.
Immer dunkel lagern
Etwas machen Sie vermutlich seit jeher richtig: Butter und Schmalz im Kühlschrank aufzubewahren. Hierhin gehören auch Omega-3-haltige Öle aus Lein, Raps, Nüssen, Algen und Fisch. Sie müssen vor Licht, Sauerstoff und Wärme geschützt und bald verbraucht werden. Je höher der Omega-3-Gehalt, desto labiler das Öl. Leinöl besteht zu mehr als der Hälfte aus Omega-3-Fettsäuren, oxidiert schnell und ist nach Anbruch nur wenige Wochen haltbar. Olivenöl wird am besten verschlossen bei Raumtemperatur in einem Schrank verwahrt. Hierhin gehört auch Kokosöl. „Es darf nicht in den Kühlschrank“, sagt Ökothrophologin Ulrike Gonder. „Beim Gebrauch in der wärmeren Küche könnte sich durch den starken Temperaturwechsel Kondenswasser und Schimmel im kalten Glas bilden. Bei Zimmertemperatur aber hält Kokosöl bis zu zwei Jahre.“