Gesundheit

Autor: Reader‘s Digest Book

Die Nieren: Klärwerk des Körpers

Täglich werden etwa 1500 l Blut durch die Nieren gepumpt, die Giftstoffe und Abfallprodukte des Stoffwechsels aus dem Blut herausfiltern.

© istockfoto.com / MicroStockHub

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Starker Harndrang ist das Signal, dass es höchste Zeit ist, ein gewisses Örtchen aufzusuchen, um Stoffwechselschlacken und andere Abfälle, die den Organismus vergiften könnten, loszuwerden. Wenn es soweit ist, dann haben die Nieren ihre Arbeit bereits getan. Die Aufgaben dieser Ausscheidungsorgane sind vielfältig: Sie führen Mineralien und Nährstoffe in den Kreislauf zurück, sorgen für die richtige Zusammensetzung des Blutes und regulieren den Salzhaushalt. Indem sie überschüssiges Wasser ableiten, halten die Nieren die gesamte Wassermenge im Körper konstant. Ist ihre Funktionsfähigkeit eingeschränkt, wird zu wenig Flüssigkeit ausgeschieden und es kommt zu einer Vergiftung des Körpers. In solchen Fällen wird mit speziellen Apparaten eine Blutwäsche, auch Dialyse genannt, durchgeführt.

Sortieranlage

Gut geschützt von einem Fettpolster liegen die 12 cm langen und 150 g schweren Nieren in der Regel rechts und links von der Wirbelsäule – etwa in Höhe der Taille. Mehr als zehnmal pro Stunde durchströmt das gesamte Blutvolumen des Körpers – gut 5 l – die Nieren. Umgerechnet bedeutet das: Jeden Tag werden 1500 l Blut gefiltert. Eine entscheidende Aufgabe bei dieser Blutwäsche kommt den insgesamt rund 2 Mio. Nierenkörperchen zu, die sich in der Nierenrinde befinden. Diese winzigen Gefäßknäuel, von denen jedes für sich eine Einheit bildet und zu dem jeweils eine zuführende und eine ableitende Arteriole gehört, sind die Filter der Niere. Wie ein feinporiges Sieb entziehen sie dem Blut Wasser, aber ebenso Glucose sowie Salze und andere Mineralien – alles unentbehrliche Substanzen für den Organismus, die später dem Blutkreislauf wieder zugeführt werden.

Fast 180 l Flüssigkeit täglich

Andere Substanzen wiederum, die für den Körper schädlich sind, fließen durch das Nierenbecken und den Harnleiter ab und verlassen den Körper mit dem Urin. Das von den Nierenkörperchen hergestellte Filtrat, der sogenannte Primärharn oder Vorharn, macht täglich nahezu 180 l aus. Diese gewaltige Menge an Flüssigkeit wird im Kapselraum gesammelt, von dem jedes Nierenkörperchen umschlossen ist. Anschließend gelangt die Flüssigkeit in die Harnkanälchen – Tubulusapparat genannt –, die mit den Nierenkörperchen verbunden sind, sich aber zugleich zu Sammelrohren vereinen. Ihre Aufgabe ist es, den Vorharn zu konzentrieren, sodass schließlich nur noch annähernd 1 % davon übrigbleibt, also etwa 1 – 2 l Endharn. Außerdem kontrollieren sie – wie schon die Nierenkörperchen –, welche Stoffe des Harns der Körper benötigt und ihm daher auf dem Blutweg wieder zugeführt werden müssen. Auf diese Weise wird nicht nur der Mineralien-, sondern auch der Flüssigkeitshaushalt im Gleichgewicht gehalten.

Damit der Endharn ausgeschieden werden kann, fließt er über weitere Sammelrohre ins Nierenbecken und von dort in den Harnleiter, den Verbindungskanal zwischen Niere und Harnblase. Mit seinen kräftigen Wandmuskeln, in denen peristaltische Wellen ablaufen, bewegt er den Urin zur Harnblase. Wie in einem dehnbaren Vorratsspeicher wird der Endharn darin gesammelt, bis er schließlich den Körper verlässt. Übrigens: Beim Mann muss der Urin eine längere Wegstrecke zurücklegen als bei der Frau. Während die männliche Harnröhre 20 – 25 cm misst, ist die weibliche mit 2 – 4 cm wesentlich kürzer.

Eine hellgelbe Flüssigkeit

Woraus besteht nun aber der Stoff, der regelmäßig in der Kanalisation verschwindet? Zu 95 % handelt es sich um Wasser, worin vor allem Harnstoff gelöst ist, bis zu 25 g täglich. Er wird in der Leber gebildet und entsteht beim Eiweißabbau des Körpers. Außerdem werden Harnsäure sowie organische und anorganische Salze hinausgespült, z. B. Kochsalz. Wer nun aber glaubt, der schlackenreiche Urin sei reines Gift, der irrt. Wenn der Harn einen gesunden Körper verlässt, ist er völlig keimfrei. Daher wurde er im Mittelalter zur Wundheilung verwendet. Auch heute noch sehen manche Menschen darin einen ganz besonderen Saft. Viele indische Yogis z. B. haben es sich zur Gewohnheit gemacht, jeden Tag ihren eigenen Harn zu trinken.

Die Farbe des Urins wird durch ein Abbauprodukt des Gallenfarbstoffs Bilirubin verursacht. Allerdings ist der Farbton nicht immer gleich: Je mehr man trinkt, desto verdünnter und dadurch heller ist der Urin. Der sogenannte Morgenurin hingegen ist konzentrierter und damit auch dunkler. Hat er eine rötliche Färbung, weist das auf eine Nieren- oder Harnwegsblutung hin; sieht er trübe oder gar weißlich-cremig aus, liegt eine Infektion vor, bei der viele weiße Blutkörperchen die Farbe bestimmen. Urin kann also als Hilfsmittel dienen, um Krankheiten zu diagnostizieren, etwa die Zuckerkrankheit, deren Name darauf zurückgeht, dass der Harn von Diabeteskranken süßlich schmeckt. Außerdem lässt sich mit einfachen Urinuntersuchungen feststellen, ob eine Schwangerschaft vorliegt.