Herzstillstand: So wurde ein Feuerwehrmann gerettet
Als bei einem Einsatz in Hagenbüchach ein Feuerwehrmann mit Herzstillstand zusammenbricht, retten seine Kameraden ihm mit Herzdruck-Massage das Leben.

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Es ist Kirchweih in Hagenbüchach. Aber nicht alle der knapp 1500 Bürger des Ortes in Mittelfranken können mitfeiern. Manche müssen arbeiten – allen voran die Landwirte, die noch vor dem drohenden Regen ihre Ernte einfahren wollen. Und dann sind da die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr. Die setzen sich gerade auf dem Festplatz zum Abendessen, als plötzlich die Sirene auf dem alten Rathaus aufheult. Ein Einsatz! Die Männer lassen ihre Mahlzeit stehen, springen auf, eilen zum Gerätehaus. Dort schlüpfen sie in ihre Einsatzkleidung, springen in ihren Löschzug und sausen los. Keine fünf Minuten sind seit dem ersten Sirenenton vergangen.
Einer der Männer ist Rainer Weiskirchen (Foto oben Mitte, links davon Manfred Sperr, rechts Andreas Klotz). Seit 1980 ist der jetzt 55-Jährige bei der Freiwilligen Feuerwehr, fungiert zudem als Pressesprecher der Wehren des Landkreises. Auch Weiskirchens drei Söhne sind an diesem Sonntag mit im Einsatz. Kurze Zeit später ist der Löschzug vor Ort. Auf einem Feld steht ein Mähdrescher in Flammen. Kommandant Manfred Sperr gibt ein paar Anweisungen, eilt dann in Richtung eines weiteren Feuerwehrfahrzeugs, das gerade ankommt. Warum er sich noch einmal zu Rainer Weiskirchen umdreht, kann er später nicht mehr sagen. Aber was er sieht, wird er nie vergessen.
Weiskirchen liegt leblos am Boden!
Sperr läuft sofort zu ihm, kniet nieder, spricht ihn an, rüttelt an seiner Schulter. Keine Reaktion. Also die Atmung prüfen. Sperr beugt Weiskirchens Kopf leicht zurück, bringt seine Wange nahe an dessen Mund und Nase, blickt auf seine Brust. Da ist kein Atem. Mit wenigen Griffen macht der Kommandant Weiskirchens Brustkorb frei und beginnt mit der Herzdruckmassage. In schneller Folge drückt er mit übereinander-gelegten Handballen 30-mal Weiskirchens Brustbein gegen dessen Herz. Fünf bis sechs Zentimeter tief. Dass dabei eine Rippe bricht, wie sich später herausstellt, spielt keine Rolle. Wichtig ist jetzt nur, das Herz zum Schlagen zu bringen. Und das macht der Kommandant. Dann legt er seinen Mund auf Weiskirchens Nase, drückt dessen Mund zu, gibt ihm zwei Atemspenden. Sperr sieht, wie sich der Brustkorb hebt. Ein Zeichen, dass die Luft wirklich in die Lunge gelangt ist! 30-mal drücken und zweimal beatmen. Immer wieder und wieder – das ist ganz schön anstrengend.
Zum Glück bekommt Sperr Hilfe. Andreas Klotz, der Kommandant der Feuerwehr eines Nachbarorts, hat die Rauchsäule gesehen und bei der Leitstelle nachgefragt, ob seine Wehr benötigt wird. Die Antwort lautet „Nein“. Klotz holt einen Kasten Mineralwasser und macht sich dennoch auf den Weg. Es ist ein heißer Tag. Er weiß, die Feuerwehrkameraden werden durstig sein. Als er auf dem Feld ankommt, sieht er Manfred Sperr, der einen Mann in Feuerwehrausrüstung wiederbelebt. Klotz eilt zu ihm, löst ihn ab. 30-mal drücken, zweimal beatmen, wieder und wieder.
Ein Martinshorn kündigt den Rettungswagen an.
Zwei Rettungssanitäter springen heraus, laufen zu den Männern. Klotz, der selbst Sanitäter ist, greift sich den Defibrillator aus ihrem Wiederbelebungskoffer. Er klebt die Elektroden auf Weiskirchens Brust, schaltet das Gerät ein. Dessen automatisierte Ansage erklärt den Helfern, was zu tun ist. Nach zwei Stromstößen beginnt das Herz von Weiskirchen selbstständig zu schlagen, und er atmet wieder. Ein weiterer Rettungswagen bringt den immer noch bewusstlosen Weiskirchen ins Klinikum Fürth. Auf dem Feld bleiben seine besorgten Söhne und Kameraden zurück. Den brennenden Mähdrescher haben die Männer längst gelöscht.
Drei Tage später wacht Weiskirchen im Klinikum Fürth wieder auf.
„Ich kann mich an nichts erinnern“, erzählt er, „nicht einmal, dass ich, kurz bevor ich zusammenbrach, noch fotografiert habe. Aber ich weiß, dass ich tolle Kameraden habe, denen ich unendlich dankbar bin.“ „Es hat sich bezahlt gemacht, dass wir jedes Jahr eine Herz-Lungen-Wiederbelebungs-Ausbildung in unseren Wehren durchführen“, sagt Sperr. Klotz freut sich, dass nicht nur er, sondern auch einige seiner Kameraden ausgebildete Sanitäter sind.
Für Rainer Weiskirchen hat sich seit jener Kirchweih viel verändert. Die Ärzte mussten ihm vier Bypässe legen und einen Defibrillator implantieren. Heute lebt er bewusster, ernährt sich gesünder, treibt mehr Sport und versucht, Stress zu vermeiden. „Ich habe noch eine Chance bekommen, die ergreife ich“, sagt er. Was sich Weiskirchen jedoch nicht nehmen lässt, ist seine Tätigkeit bei der Feuerwehr.