Messerstecher mitten in Frankfurt! Daniel Collins hilft jungem Paar
Er umschlingt den Mann mit dem Messer und reißt ihn weg von dem Paar, auf das er eingestochen hat.

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Wie so oft verbringt Daniel Collins seine Mittagspause im Freien. An jenem Montag im August sitzt der 43-jährige Justizhelfer auf einer Bank am Rande der Konstablerwache, einem Platz in der Frankfurter Innenstadt, und beobachtet das Treiben: Menschen eilen hin und her, über die angrenzende Konrad-Adenauer-Straße rauscht der Verkehr, in einer Ecke des Platzes führt ein Baseballteam Trainingsgeräte vor.
Inmitten des Trubels fällt Collins’ Blick auf einen kleinen Mann mit dunklem Haar
Der steht etwa zehn Meter von ihm entfernt neben einem Kiosk. Irgendetwas lässt Collins stutzen. Der Mann hält eine Schleuder in der Hand und zielt auf den Kiosk. Peng! Etwas, das aussieht wie eine kleine Murmel, prallt von der Scheibe des Verkaufsstands ab. Erschrocken flüchten ein paar Umstehende in den Kiosk, schlagen die Tür hinter sich zu. Der Dunkelhaarige stürzt ihnen nach, versucht die Tür aufzureißen, schreit wütend in einer Sprache, die Collins nicht versteht.
Zuerst versprühte der Angreifer Pffefferspray.
Jetzt versprüht der Mann Pfefferspray auf die Gäste einer Pizzeria
Unweit des Kiosks hat eine Pizzeria Tische im Freien aufgestellt. Etwa 20 Gäste sitzen dort. Ihnen wendet sich der kleine Mann jetzt zu. Er läuft an den Essenden vorbei, zieht eine Dose aus der Tasche, versprüht etwas, brüllt weiter Unverständliches. „Der hat bestimmt 15 Schritte lang gesprüht“, schätzt Collins. Die Gäste des Restaurants reiben sich die Augen, fangen an zu husten. Auch Collins spürt ein Brennen in den Augen: Pfefferspray!
Noch bevor Collins etwas unternehmen kann, greift ein junges Paar ein
Die beiden haben das Geschehen aus einiger Entfernung beobachtet. „Das kann doch nicht sein!“, ruft die junge Frau in Richtung des Dunkelhaarigen. Ihr Partner warnt: „Ich rufe die Polizei!“ Das scheint zu wirken. Der kleine Mann entfernt sich.
Collins sieht ihn hinter einer Mauer am Rande des Platzes verschwinden
Der Justizhelfer macht sich auf den Weg zu seinem Arbeitsplatz bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt. Dazu muss er quer über die Konstablerwache, vorbei an dem jungen Paar. Er ist noch etwa 20 Meter von ihnen entfernt.
Plötzlich ist der kleine dunkelhaarige Mann wieder da ist
Er steuert auf die jungen Leute zu, den rechten Arm hält er hinter seinem Körper. Collins ahnt, dass das Paar in Gefahr ist, versucht noch, sich zwischen sie und den Angreifer zu stellen. Doch der ist näher dran. Blitzschnell versetzt er der Frau zwei Hiebe in die Seite. Sie taumelt, hält sich aber auf den Beinen. Ihr Partner stellt sich schützend vor sie und bekommt ebenfalls Hiebe ab.
Dann ist Collins da. Er packt den Angreifer
Er zerrt ihn weg von dem Paar, dreht ihm den Arm auf den Rücken, schlingt seinen rechten Unterarm eng um dessen Hals. Collins ist 1,93 Meter groß und durchtrainiert. Bei der Bundeswehr hat er Krav Maga erlernt, eine in Israel entwickelte Selbstverteidigungs-Technik, die er bis heute trainiert.
Etwas fällt klirrend zu Boden. Ein Messer!
Erst jetzt begreift Collins: Der Angreifer hat auf das junge Paar eingestochen. Später wird er erfahren, dass die Frau schwanger ist. Collins tritt das Messer zur Seite. Die Gefahr scheint gebannt. Doch es ist noch nicht vorbei.
In diesem Moment stürmen fünf junge Männer auf ihn zu
Jetzt, da Collins den Angreifer überwältigt hat, wollen sie ihren Zorn an diesem auslassen. Sie brüllen: „Der Typ ist bewaffnet“, beschimpfen den Mann, fangen an, auf ihn einzuprügeln. Collins ruft „Hört auf, ich hab’ ihn doch!“, dreht den Fünfen den Rücken zu, um den Dunkelhaarigen vor ihren Schlägen zu schützen – die nun ihn im Nacken treffen. Endlich ertönt die Sirene eines Streifenwagens, der über den Platz heranrast. Ein Polizist springt heraus, ist im nächsten Moment bei der für ihn unübersichtlichen Gruppe und ruft: „Achtung, ich sprühe jetzt Pfefferspray!“ Zum zweiten Mal an diesem Tag trifft Daniel Collins die beißende Substanz.
Die jungen Männer lassen von Collins und dem Dunkelhaarigen ab
Sie zeigen auf den Messerstecher: „Der ist es!“ Collins lockert seinen Griff. Der kleine Mann fällt zu Boden. Die Polizisten packen zu und nehmen den Täter in Gewahrsam. Ein Krankenwagen fährt vor und nimmt das junge Paar mit. Collins’ Augen tränen. Er geht trotzdem zurück zur Arbeit, erzählt einem Kollegen, was vorgefallen ist. Später will ihn die Polizei noch einmal sprechen.
Erst am Abend, als er sich mit seiner Frau und den beiden Söhnen im Freibad trifft und berichtet, wird ihm so richtig bewusst, wie gefährlich die Situation gewesen ist. Seine Frau ist stolz auf ihn, aber sie sagt auch: „Musst immer du diese Dinge in die Hand nehmen? Lass mal die anderen ran!“Collins hat schon einmal einen Mann beschützt, der von Jugendlichen überfallen wurde
Acht Monate später steht der Messerstecher vor Gericht
Collins sagt als Zeuge aus und erfährt, dass der Mann unter einer schizophrenen Störung leidet. Zum Glück haben sowohl die junge Frau als auch ihr Partner keine ernsthaften Verletzungen davongetragen. Für sein mutiges Eingreifen hat das Land Hessen Daniel Collins die Medaille für Zivilcourage verliehen. „Ich übe solche Situationen im Training“, sagt dieser bescheiden. „Ich nehme auch niemandem übel, der sich bei so etwas raushält, das Risiko ist kaum abzuschätzen.“