Menschen

Autor: Marcel Anders

Santana: Im Namen der Liebe

Carlos Santana über Familie, Rechtspopulisten und die besten Gitarrensoli der Rockgeschichte.

© Maryanne Bilham

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©© Maryanne Bilham

Love & Peace – etwas anderes hat den US-Amerikaner mit mexikanischen Wurzeln nie interessiert. Die Botschaft von Liebe und Frieden hat dem mittlerweile 74-jährigen Carlos Santana ein Millionenpublikum beschert. Sie ist auch Dreh- und Angelpunkt seines inzwischen 26. Studio-Albums Blessings And Miracles.

Reader’s Digest: Wegen Corona konnten Sie 18 Monate nicht live spielen. Wie sind Sie mit der Auszeit klargekommen?
Carlos Santana: Na ja, einige Leute bezeichnen es als time out, ich eher als time in. Schließlich durfte ich endlich mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Das habe ich als sehr positiv empfunden.

Wie stehen Sie zu Menschen, die sich einer Impfung verweigern?
Ich denke, man muss ihre Entscheidung akzeptieren, denn dies ist ein Planet des freien Willens. Und hoffentlich stoßen wir in naher Zukunft auf etwas, das dieses Virus auslöscht. Nur: Aktuell gibt es leider noch anderes, das uns bedroht – etwa Angst und Ignoranz.

Verbreitet von Rechtspopulisten auf der ganzen Welt?
Es gibt clevere Verrückte, die das sehr lukrativ verkaufen. Also ähnlich wie man kleinen Kindern Halloween verkauft – nach dem Motto: Wer gruselige Masken und Kostüme trägt, bekommt Süßigkeiten. So wird ihnen eingetrichtert, dass sich aus Angst Profit schlagen lässt. Liebe dagegen ist gratis. Und sie hat eine ähnliche Wirkung wie Musik.

Nämlich eine heilende?
Genau das hat schon John Lee Hooker gesagt: „Musik ist ein Heilmittel.“

Mehr als organisierte Religion?
Definitiv. Organisierte Religionen verhalten sich oft wie Konzerne und machen ihr Geschäft mit der Angst. Dabei ist Gott doch Licht und Liebe.

Auf Ihrem neuen Album wirken Ihr Sohn, Ihre Tochter und Ihre Frau Cindy mit – ein Familienprojekt?
Ich habe Breathing Under Water, einen Song meiner Tochter, gehört und sie gefragt, ob ich den Titel für mein Album verwenden und Gitarre dazu spielen könnte. Dann hörte ich ein anderes Stück und wollte herausfinden, von welchem Künstler es ist. Da taucht plötzlich das Gesicht meines Sohnes auf – ich war völlig perplex. Also meinte ich: „Salvador, kann ich Gitarre dazu spielen und es für mein Album benutzen?“ So haben mir diese Stücke erlaubt, etwas Gemeinsames mit der Familie zu machen. Wobei meine Frau Cindy Schlagzeug bei allen Songs spielt.

Was ist mit dem Ratschlag, dem zufolge man Berufliches und Privates trennen sollte?
Wer so etwas sagt, hört zu sehr auf seinen Verstand, aber nicht auf sein Herz.

Sie sind jetzt 74. Haben Sie noch etwas, das Sie unbedingt erleben oder erreichen möchten?
Eric Clapton, Derek Trucks und ich haben darüber gesprochen, ein Album mit dem Titel Eric, Derek and the Mexican aufzunehmen. Was uns vorschwebt, ist etwas in der Manier von Zwei glorreiche Halunken – eine Art Soundtrack für einen kosmischen Western.

Eine Frage zum Schluss: Welche Songs der Rockgeschichte, auf denen Sie nicht selbst spielen, weisen die besten Gitarrensoli überhaupt auf?
All Along The Watchtower, Purple Haze und Foxy Lady – also Jimi Hendrix, Jimi Hendrix und Jimi Hendrix!


Zur Person: Carlos Santana


wurde am 20. Juli 1947 im mexikanischen Autlán de Navarro geboren und wuchs in San Francisco auf. Seine Band Santana kombinierte in den späten 1960ern Rock mit Jazz, Blues, afrikanischer und lateinamerikanischer Musik. Drei Alben und ein Auftritt beim Woodstock-Festival machten den Gitarristen zum Superstar. Er wurde mit zehn Grammys und drei Latin Grammys ausgezeichnet und hat über 100 Millionen Alben verkauft. Mit seiner zweiten Ehefrau Cindy Blackman lebt Santana in Las Vegas. Santana hat drei erwachsene Kinder, die ebenfalls Künstler sind.