Reise

Autor: Andreas Steidel

Klosterleben im Benediktiner­kloster Maria Laach

Das Motto „Ora et labora“ wird den Benediktinern zugeschrieben. Für die Mönche im Kloster Maria Laach hat es bis heute besondere Bedeutung. Vor über 900 Jahren wurde die Benediktinerabtei. Ihr Wahrzeichen bis heute: die große romanische Kirche, die alle anderen Gebäude überragt.
Klosterleben im Benediktiner­kloster Maria Laach

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©istockfoto.com / Stanislava Karagyozova
Dieser Mönch sieht nicht aus wie ein Mönch, eher wie ein Handwerksmeister unter Zeitdruck: dunkle Cordhose, ein staubiger Pulli, immer die Uhr im Blick. Seine Mitarbeiterinnen drehen Tassenformen, tauchen Teller in die Glasur, pinseln Farbornamente auf die Schauseite. Bruder Stephan ist der Leiter der Keramikmanufaktur im Kloster Maria Laach und Herr über 14 Öfen und 25 Tonnen Ton, die hier jährlich verarbeitet werden. „Was wir machen“, sagt er, „ist keine Beschäftigungstherapie, sondern richtiges Handwerk.“ Die Auftragsbücher sind voll, und darauf ist Bruder Stephan auch ein wenig stolz.

Das Kloster muss sich finanziell selbst tragen

Vor über 900 Jahren wurde die Benediktinerabtei Maria Laach gegründet. Die große romanische Kirche überragt noch heute alle anderen Gebäude. Hier feiert auch Bruder Stephan Gottesdienst, fünf Mal am Tag läuten die Glocken zum Stundengebet. Der Keramikermönch streift dann eilig seine schwarze Kutte über. „Ora et labora“, bete und arbeite, so war das schon im hohen Mittelalter. Noch heute wohnen 30 Mönche im Kloster Maria Laach. Sie bekommen keine Kirchensteuerzuweisungen, sondern müssen ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaften. Das ist nicht einfach, zumal die Mönchsgemeinschaft immer kleiner und der Anteil der Älteren immer größer wird. Bruder Stephan ist 40 Jahre alt und eine Ausnahme, in vielen Bereichen gibt es längst nur noch weltliche Mitarbeiter.


Anfang 2022 wurden die Wirtschaftsbetriebe des Klosters Maria Laach zu einer eigenen GmbH zusammengefasst. 220 Männer und Frauen sind bei ihr beschäftigt: Gärtnerinnen, Buchbinder, Hotelfachleute, Köche, Kunstschmiede, Malerinnen, Parkwächter, Zimmermädchen und vieles mehr. Geschäftsführer ist der Kaufmann Philipp Lohse, ein Manager, der weiß, wie man Gewinne erwirtschaftet. Gewinne, die in die Abtei zurückfließen. „Wir arbeiten für den Erhalt des Klosters“, daran lässt er keinen Zweifel.
Das Kloster Maria Laach ist ein gefragtes Ausflugsziel. Knapp 700.000 Gäste kommen jährlich, um die Abtei in der Vordereifel zu besuchen. Malerisch liegt sie am Rande des Laacher Sees, der vor 10.000 Jahren aus einem riesigen Vulkantrichter entstand. Er gehört dem Kloster, das dort Tretboote verleiht und über Fischgründe verfügt. Fast täglich wirft Klosterfischer Ansgar Hehenkamp seine Netze aus, vor allem die Felchen sind gefragt. Man kann sie im Seehotel kosten, das ebenso dem Kloster gehört wie das Feinschmeckerrestaurant „Tausend93“, welches das Gründungsjahr der Abtei im Namen trägt.
Das Gros der Tagesgäste speist in der etwas einfacher gehaltenen Klostergaststätte. Dort findet man auch die Teller und Tassen von Bruder Stephan wieder. Das Klosterbier wird im sogenannten Bogler-Becher serviert, einem handbemalten Stück Steingut mit dem blauen Laacher Zeichen über dem Sockel: ein großes „M“ mit einem „L“ in der Mitte, dessen Spitze zu einem Kreuz geformt ist. Theodor Bogler (1897–1968) trat Mitte der 1920er-Jahre ins Kloster ein. Der erste der sogenannten Laacher Künstlerbrüder hatte am Bauhaus in Weimar studiert und begründete eine Tradition, die bis heute Bestand hat. Die von ihm gestalteten Vorratsgefäße bilden den Grundstock des Klosterladens, in dem nur Produkte aus der eigenen Keramikwerkstatt angeboten werden.

„Der liebe Gott hat keinen Kunstdünger erschaffen“

Das Kloster Maria Laach ist ein eigenes Dorf. Das Paradebeispiel einer kleinen Klosterstadt, so wie sie vor über 1000 Jahren im St. Galler Klosterplan skizziert wurde. Eine eigene Wasserversorgung gibt es hier, ein Blockheizkraftwerk, eine Gärtnerei, ein landwirtschaftliches Gut. Auch Bauer Michael Ullenbruch hatte anfangs noch einen Mönch als Vorgesetzten. Als der starb, wurde Ullenbruch Pächter, weil kein Klosterbruder das Gut übernehmen konnte. Es war für ihn ein großer Moment, als er beim Abt den Vertrag unterschrieb. „Die einzige Bedingung war, dass es wieder Hühner auf dem Hof geben sollte“, erinnert sich Ullenbruch.
Heute gackern 1000 Legehennen auf der Freilandwiese des Klosters, es gibt über 300 Limousin-Rinder und 150 Mastschweine. 2008 stellte Ullenbruch komplett auf Biolandwirtschaft um. „Das passt zum Gedanken der Schöpfung“, sagt er. „Der liebe Gott hat jedenfalls keinen Kunstdünger und keine Pflanzenschutzmittel erschaffen.“ Es passt auch zum Gedanken der Wirtschaftlichkeit. Der Hofladen ist ein Besuchermagnet: Bio-Rindfleisch zum Mitnehmen und Bio-Bratwürste zum Sofortverzehr. Da werden selbst die Mönche ab und zu schwach.

Der Klosterbetrieb macht zehn Millionen Umsatz

Die Brüder trifft man am ehesten, wenn man im Gästeflügel des Klosters übernachtet. 33 schlichte Zimmer gibt es hier, die in einem der alten Konventgebäude untergebracht sind. Es ist das Reich von Gastpater Viktor, der hier Menschen begrüßt, die auch ein wenig von der geistlichen Atmosphäre mitbekommen wollen. Sie essen in einem eigenen Refektorium, wie der Speisesaal eines Klosters heißt. Jeder ist zu den Gottesdiensten willkommen, wer will, kann täglich zur Beichte gehen.
Zehn Millionen Euro Umsatz machen die Klosterbetriebe Maria Laach jährlich, allein zwei Millionen kostet der laufende Betrieb der Abtei. Geschäftsführer Lohse und Prior-Administrator Petrus Nowack treffen sich jede Woche: Der Prior steht dem Kloster vor und muss stets auch über die ökonomischen Entwicklungen informiert sein.
Seit es eine kaufmännische Leitung gibt, hat Nowack wieder mehr Zeit für das geistliche Leben im Kloster, zu dem auch eine Bibliothek mit über 200.000 Bänden gehört. Bruder Stephan kann sich dem nur selten widmen. Die Keramikwerkstatt nimmt ihn so sehr in Anspruch, dass er zuweilen sogar beim Gottesdienst fehlt. „Dann bete ich in der Werkstatt“, sagt er. Ein stiller Moment der Einkehr, während die Öfen auf Hochtouren laufen und im Computer die neuen Bestellungen für die nächsten Wochen eingehen.

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