Benedict Cumberbatch über Träume und Schauspielerei
Er hat Hollywood im Sturm erobert – und ist doch ganz bodenständig geblieben

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Er ist so gefragt wie noch nie. Benedict Cumberbatch dreht einen Film nach dem anderen, glänzt in Kunstfilmen ebenso wie in Blockbuster-Streifen – aktuell in Doctor Strange in the Multiverse of Madness. In diesem Jahr war er für einen Oscar als Bester Schauspieler nominiert. Zu Kopf gestiegen ist der Erfolg dem Briten dennoch nicht. Ganz ohne Starallüren erzählt er im Interview von den Träumen seiner Jugend und dem Leben als Schauspieler und Vater von drei kleinen Söhnen.
Reader's Digest: Sie sagten, Ihnen habe es Spaß gemacht, Dr. Strange mal mit breiten, mal mit ganz feinen Pinselstrichen auf die Leinwand zu bringen. Bedauern Sie, dass Sie Schauspieler statt Maler geworden sind?
Benedict Cumberbatch: Es stimmt, dass ich an der Universität viel gemalt habe. Aber mich als Kunstmaler durchzuschlagen und mit meinen Bildern mein Leben zu finanzieren, schien mir schlicht unmöglich. Deshalb habe ich auch eine Zeitlang mit dem Gedanken gespielt, Rechtsanwalt zu werden. Aber das war nichts für mich. Also habe ich gedacht, ich kann es gleich mit meinem ganz großen Traum versuchen: der Schauspielerei.
Ihre Eltern sind selbst Schauspieler. Wie haben sie darauf reagiert, dass Sie denselben Beruf ergreifen wollten?
(Lacht) Sie haben mich gewarnt, wie unsicher die Schauspielerei sei. Ich habe in meinem Elternhaus oft mitbekommen, wie belastend es war, wenn man nicht wusste, wann man den nächsten Job bekommen würde. Sie wollten eben, dass ihr Sohn auf ein sicheres Einkommen bauen kann. Aber dann erkannten sie, dass es mein Herzenswunsch war, und haben mich immer sehr unterstützt.
Als Dr. Strange träumen Sie viel. Führen Sie im echten Leben ein Traumtagebuch?
Während des ersten Covid-19-Lockdowns habe ich das gemacht, da hatte ich die wildesten Träume. Überhaupt hat man ja in diesen schwierigen Zeiten mental sehr viel aufzuarbeiten. Leider habe ich nicht immer Zeit dafür. Ich habe drei kleine Jungs, und mein Morgen beginnt nicht immer dann, wann ich es will.
Es heißt, Sie meditieren regelmäßig?
Nicht mehr so viel wie früher, als ich eine Weile in einem indischen Kloster gelebt und tibetanischen Mönchen Englisch beigebracht habe. Leider fehlt mir nun auch dafür oft die Zeit.
Hat Ihnen das Meditieren geholfen, ein besserer Schauspieler zu werden?
Ja, aber nicht nur das. Es hat mir geholfen, ein besserer Mensch zu werden. Es hat mir gezeigt, wie ich besser im Hier und Jetzt sein kann. Wie ich mich ganz und gar in meinen Körper versenken kann, um nicht von der Hektik des Alltags abgelenkt oder von den eigenen Gedanken kontrolliert zu werden.
Dann sind Sie heute kein Adrenalin-Junkie mehr?
(Lacht) Nein, die Zeiten, in denen ich mit schnellen Motorrädern herumgedüst bin, sind vorbei. Jetzt kümmere ich mich viel lieber um meine Frau und meine drei Söhne. Es ist ein wunderbares Gefühl, dass es diese Menschen in meinem Leben gibt. Menschen, die mir viel wichtiger sind als ich mir selbst.
Zur Person
Benedict Cumberbatch wurde 1976 in London geboren. Mit der Titelrolle in der TV-Kult-Serie Sherlock gelang ihm der internationale Durchbruch als Schauspieler. Es folgten Kinofilme wie Dame, König, As, Spion und Star Trek Into Darkness. Seine Darstellung des Mathematik- Genies Alan Turing in The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben brachte Cumberbatch 2014 eine Oscar-Nominierung als bester Hauptdarsteller ein, seine Rolle im preisgekrönten Drama The Power of the Dog eine weitere. Seit 2015 ist er mit der Regisseurin Sophie Hunter verheiratet. Das Paar hat drei Söhne, die Familie lebt in London.