Stars im Interview

Autor: Reinhold Hönle

Emil Steinberger: Leben im Hier und Jetzt

Er war schon immer ein Tausendsassa, der Kabarettist, Schauspieler, Regisseur, Werber und Postbeamte Emil Steinberger. Mit 87 Jahren ist er noch voller Energie und Lebensfreude – und steht auch 2020 auf der Bühne.

© istockfoto.com / StockPlanets

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Reader’s Digest: Sie nennen Ihr Programm „Alles Emil, oder?!“ Wie ist das „oder“ zu verstehen?

Emil Steinberger: Im Schweizer Sprachgebrauch wird es häufig am Ende eines Satzes verwendet – egal, ob begründet oder nicht. Man lässt das Wort einfach so fallen. Es ist ebenso alltäglich wie die „Emil-Szenen“, die man an jeder Ecke beobachten kann, wenn man mit wachen Sinnen durchs Leben geht. Das „oder“ passt als bestätigendes Wort für das, was meine Fans täglich erleben: überall Emil-Szenen.

Weshalb sind Sie überhaupt mit Ihrer legendären Figur Emil auf die Bühne zurückgekehrt?

Dahinter steckte keine Absicht, das ergab sich einfach. Auslöser war der Abend in Luzern anlässlich meines 80. Geburtstags. Die 1700 Plätze für die Vorstellung Merci vielmol waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft, was uns sehr überrascht hat. Daraufhin setzten wir einen zweiten Abend an, einen dritten und einen vierten. Jedes Mal die gleiche Resonanz, das hätte ich nie gedacht.

Ihre Frau beschäftigt sich seit Jahrzehnten intensiv mit dem Lachen. Was haben Sie durch Niccel Neues über Ihre Komik erfahren?

Sie versteht meinen Humor sehr gut, kann ihn sogar ergänzen und hat Spaß dabei. Das empfinde ich als großes Glück, und es ist ein wahres Geschenk für mich.

Sie stammt aus Nordrhein-Westfalen. Was sprechen Sie inzwischen besser: Emil-Deutsch oder Hochdeutsch?

Niccel hat mir, schon als wir uns kennenlernten, verboten, Hochdeutsch zu sprechen, da sie mich viel lockerer und authentischer fand, wenn ich auf Schwyzerdütsch telefonierte. Weil sie diesen Dialekt so gern hat, lernte sie innerhalb von drei Monaten in New York perfekt Schwyzerdütsch.

Emil-Deutsch dürfen Sie nur auf der Bühne reden?

Wenn ich auf Deutschland-Tournee bin, rede ich normales Hochdeutsch mit meinem wirklichen Schweizer Akzent. Den Luzerner Dialekt ziehe ich jedoch vor, weil mir darin die kleinen Wörter, die den Witz und Charme einer Sprache ausmachen, am geläufigsten sind. Mit Grauen denke ich an Interviews auf Französisch zurück, da mein beschränkter Wortschatz nur oberflächliche Antworten zuließ.

Sie wirken bewundernswert fit. Was tun Sie dafür?

Ganz einfach, in Bewegung bleiben, aktiv sein und neuerdings ein Körpertraining pro Woche. Nichts Übertriebenes. Mit leichten Übungen stärken Niccel und ich unsere Muskeln und trainieren das Gleichgewicht, um Stürze zu vermeiden.

Othella Dallas, die 93-jährige Sängerin und Tänzerin, sagte kürzlich, sie würde sich mehr für die Zukunft als für die Vergangenheit interessieren …

Das ist die beste Medizin! Wenn ich morgens erwache, denke ich an all die Dinge, die ich machen möchte, und daran, was erledigt werden muss. Das treibt mich aus dem Bett, das ist mein Lebenselixier. Ich lebe in der Gegenwart, und die ist spannend.



Zur Person: Emil Steinberger

wurde am 6. Januar 1933 in Luzern geboren, arbeitete neun Jahre als Postbeamter, dann als Grafiker, ehe er 1969 zum gefeierten Kabarettisten aufstieg. Steinberger gründete 1967 das Kleintheater Luzern, führte zwei Kinos, reiste 1977 mit dem Circus Knie durch die Schweiz. 1978 war er der Einbürgerungsbeamte im Film Die Schweizermacher. 1980 half er maßgeblich beim Neustart des Circus Roncalli. Ab 1993 lebte er sechs Jahre in New York, begegnete dort Niccel aus Köln und heiratete sie. Mit dem Programm Alles Emil, oder?! tritt er noch bis (mindestens) Mai 2020 auf, Termine unter www.emil.ch


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