Franka Potente: Das Beste aus beiden Welten
Schauspielerin Franka Potente schätzt die Vorzüge ihrer alten und neuen Heimat.

©
Am Anfang ihrer Karriere hetzte sie in Lola rennt durch Berlin, heute lebt Franka Potente in Kalifornien. Als Hauptdarstellerin des Island-Krimis (Das Erste, 27.10. und 3.11.2016, jeweils 20.15 Uhr) feiert die Hollywood-erprobte Schauspielerin nun ihr Comeback im deutschen Fernsehen. Im Interview verrät sie, was sie an Island fasziniert und wie sie mit der amerikanischen Mentalität zurechtkommt.
Reader’s Digest: Für die Dreharbeiten zu Ihrer neuesten Filmreihe sind Sie mit Mann und Kindern für drei Monate nach Island gezogen. Wie haben Sie die Insel erlebt?
Island war bis vor ein paar Jahren der unberührteste Fleck Europas, aber momentan werden wie wild Hotels gebaut. Eine Million Besucher hat das Land jedes Jahr. Ich sage all meinen Freunden: Fahrt schnell noch hin, bevor endgültig die Massen einfallen (lacht). Aber die Insel ist auch beeindruckend. Die Hitze kommt aus dem Boden. Den ganzen Winter über durchheizen kostet so viel wie eine große Familienpizza, unglaublich!
Einen größeren Kontrast zu Ihrem Wohnort Los Angeles kann es kaum geben, oder?
Nun, die Luft ist natürlich wesentlich besser als in Los Angeles, aber die Nähe zur Natur haben wir dort genauso. Wir brauchen nur anderthalb Stunden bis ins nächste Skigebiet. Und nachmittags fahren wir mit den Kindern oft an den Canyon. Ich muss nicht ständig mit dem Rucksack durch die Berge stiefeln, aber diese Vielfalt ist schon toll.
Gibt es etwas, das Sie in den USA vermissen?
Das deutsche Schulsystem ist fantastisch. In den USA ist das System völlig marode, und alles ist privatisiert. Dabei sollte gute Bildung für jeden zugänglich sein.
Sprechen Sie mit Ihren Töchtern eigentlich deutsch?
Das haben wir erst einmal vertagt. Natürlich wäre es schön, aber man kann in der Erziehung nicht alles schaffen, was man sich vorgenommen hat. Als Mutter kann man nur sein Bestes geben.
Mal angenommen, Sie sollten Ihr Bestes außerhalb der Schauspielerei geben. Was wäre das?
Ich hätte große Lust, eine vegane Kochschule zu besuchen – da gibt es in Los Angeles eine ganz großartige – und dann zusammen mit einer Freundin einen Sommer lang einen Foodtruck [eine fahrbare Imbissbude] zu mieten.
Spricht da die Wahl-Amerikanerin nach dem Motto „einfach machen“?
In Amerika wird es Unternehmern auf jeden Fall einfacher gemacht. Wenn man eine Idee hat, heißt es erst einmal: „Cool, was genau planst du?“ In Deutschland dagegen runzeln die Leute die Stirn: „Wie soll das denn funktionieren?“ Ich bin auch sehr zaghaft erzogen worden und musste erst das Gefühl kennenlernen, sich etwas zu trauen und von der Erfahrung, durchs Feuer gegangen zu sein, vollkommen berauscht zu sein.
Haben Sie sonst noch etwas von der amerikanischen Mentalität übernommen?
Man geht offener auf andere zu. Wenn man an der Theke wartet, ist es völlig normal, dass man mit den anderen Gästen Smalltalk macht – ohne dass man sich kennt. Das würde in Deutschland wohl nicht so schnell passieren. Als wir neulich in Berlin zu Besuch waren und mein Mann im Tiergarten joggen war, kam er völlig irritiert nach Hause. Alle, die er gegrüßt hatte, hätten durch ihn hindurchgesehen. Ich habe ihm gesagt: „Die denken, dass du eine Meise hast!“ (lacht)
Franka Potente
Franka Potente, 1974 in Münster geboren, gelang 1998 mit dem Film Lola rennt der internationale Durchbruch als Schauspielerin. Es folgten Auftritte in Hollywoodfilmen wie 2001 Blow mit Johnny Depp und 2002 Die Bourne Identität mit Matt Damon. Potente ist mit dem US-Schauspieler Derek Richardson verheiratet. Sie lebt mit ihm und den beiden Töchtern in Los Angeles. AH