Stars im Interview

Autor: Marcel Anders

Rockstar oder Hausmeister?

Ja, Rockstars haben’s auch nicht leicht. Zumindest nicht in der eigenen Familie, meint Foo Fighters Frontman Dave Grohl. Ein Gespräch mit dem 51-Jährigen über Vaterfreuden, Songs, die er gerne geschrieben hätte, und den Schwarm seiner Jugend.

@ Sony Music

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Reader's Digest: Dave, Ihre Brillengläser werden mit den Jahren immer dicker. Haben Sie ein Problem mit der Sehstärke?
Dave Grohl: Als ich noch jung war, wollte ich unbedingt eine Brille haben. Einfach, weil ich die von meiner älteren Schwester so cool fand. Das ging so weit, dass ich bei Untersuchungen eine schlechte Sicht vorgetäuscht habe, nur um so ein Teil zu bekommen. Ich habe sogar absichtlich die Buchstaben vertauscht, bin aber jedes Mal aufgeflogen. Erst als ich 40 wurde, meinte mein Arzt zu mir: „OK, jetzt wird es wirklich langsam Zeit.“ Das war vor zehn Jahren, und was soll ich sagen: Jetzt, da ich sie habe, hasse ich sie!

Aber auf der Bühne brauchen Sie sie noch nicht?
Nein, auf der Bühne würde sie keine Minute auf meiner Nase bleiben. Ich brauche sie aber für Zoom-Gespräche und um überhaupt irgendetwas lesen zu können. Es wird tatsächlich immer schlimmer.

Wie war 2020 für Sie?
Ein Jahr zum Vergessen. Ein absoluter Albtraum …

Weil Covid-19 die Geburtstagsparty der Foo Fighters versaut hat?
Es hatte etwas davon. Ich meine, wir haben vor etwa anderthalb Jahren angefangen, 2020 zu planen. Sprich: Wir wussten, dass wir ein neues Album angehen, unseren 25. Geburtstag feiern und auf eine anderthalbjährige Welttournee gehen würden. Wir hatten alles bis ins Kleinste geplant: Vom Artwork über die Live-Termine bis zum Veröffentlichungsdatum. Doch im März kam alles zum Stillstand, was im Grunde gar nicht so schlecht war. Schließlich hatten wir seit zehn Jahren keine Pause mehr. Die letzten Monate waren wirklich das erste Mal, dass wir wieder längere Zeit zu Hause verbracht haben.

Haben Sie die Zwangspause genutzt, um mit Ihren Töchtern The Grohls oder The Grohlettes zu starten?
Das wird leider nichts.

Wieso?
Ich habe eine Tochter, die unbedingt Musikerin werden will und mich für cool hält – und zwei, die mich behandeln als wäre ich der verfluchte Hausmeister in der Familie. Von denen kommt dann: „Lass das Dad machen, das ist schließlich sein Job.“ Aber Musik? Dafür interessieren sie sich nicht die Bohne.

Das klingt ziemlich deprimiert …
Na ja, ich habe sie von klein auf an mit guter Musik konfrontiert, sie auf Konzerte mitgenommen und immer dazu ermutigt, ein Instrument zu lernen. Aber so richtig gefruchtet hat das nie. Keine Ahnung, warum. Vielleicht habe ich wirklich etwas falsch gemacht. Jedenfalls interessieren sie sich mehr für Pferde, Klamotten und demnächst wohl auch noch für Jungs. Gott bewahre!

Stattdessen haben Sie an diversen Filmprojekten gearbeitet und dafür unter anderem Brian Johnson von AC/DC interviewt. Worum ging es?
Die Brian-Johnson-Geschichte war lustig. Das war für eine Dokumentation namens „What Drives Us“, die ich vor Kurzem beendet habe. Es geht um Bands, die im Van touren beziehungsweise getourt sind. Denn das ist es, was ich als Punkrock-Kid getan habe und womit ich aufgewachsen bin. Als ich all diese unterschiedlichen Musiker interviewt habe, musste ich feststellen, dass wir im Grunde alle dieselben Erfahrungen gemacht haben. Egal, ob Brian Johnson von AC/DC oder die Jungs von Metallica, Guns N´Roses, die Red Hot Chili Peppers, U2 oder wer auch immer: Sie haben alle klein angefangen. Von daher geht es in der Doku darum, was Menschen dazu inspiriert, ihr Leben wegzuwerfen, in einen klapprigen, alten Bus zu steigen und ihre Musik mit der Welt zu teilen.
Und ich liebe Brian Johnson. Er ist ein sehr netter, extrem geerdeter Mensch, der ganz nebenbei noch ein verdammter Rock-Gott ist. (kichert) Das sind Sachen, die einfach besonders sind, die wahnsinnigen Spaß machen und für die sonst keine Zeit ist. Insofern ist Corona auch eine tolle Gelegenheit, sich kreativ ein bisschen auszudehnen.

Aus dem Stehgreif: Welche fünf Songs hätten Sie in Ihrer Karriere gerne geschrieben – und warum?
Oh, es gibt viele Songs, von denen ich mir wünschte, dass ich sie geschrieben hätte. Einer davon wäre ganz klar „Imagine“ von John Lennon, einfach weil er so simpel und nachhaltig ist – geradezu zeitlos. Ich hätte aber auch gerne „Highway To Hell“ von AC/DC geschrieben, der purer Wahnsinn ist. Und „Rock For Light“ von den Bad Brains – die Hymne meiner Jugend. Wofür ich alles geben würde, wäre aber, einmal einen Song wie „Happy Birthday“ zu komponieren, weil ich dann so viel mehr Geld verdienen würde als ich es gerade tue. Ach: Und ich wünschte, ich hätte „Kids In America“ von Kim Wilde geschrieben. Einfach, weil das ein fantastischer Song ist – und weil ich, wie jeder Punkrock-Junge, hoffnungslos in sie verliebt war. Also richtig heftig.

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