Sophia Loren: Harte Schule machte mich weiser
Sophia Loren ist in ihrer Jugend durch eine harte Schule gegangen, die sie weise gemacht hat.

©
Sie ist seit einer gefühlten Ewigkeit im Filmgeschäft und hat doch nichts von ihrem Enthusiasmus für neue Projekte eingebüßt. Jetzt kehrt Sophia Loren auf die Bildschirme zurück. Ab 13. November ist sie in der Netflix-Produktion "Du hast das Leben vor dir" zu sehen. Auch mit 86 Jahren sprüht der Star noch vor Lebensfreude.
Reader’s Digest: Sie haben sich rar gemacht. Warum eigentlich?
Sophia Loren: Weil ich keine Geschichte gefunden habe, die es wert gewesen wäre. Ich habe so viele Filme gedreht, und ich möchte keinen machen, bei denen sich mein Publikum sagt: ‚Den hätte sie sich sparen können.‘ Aber ich will die Schauspielerei keinesfalls an den Nagel hängen. Und als mir mein Sohn Edoardo das Drehbuch von "Du hast das Leben vor dir" brachte, war ich sofort angetan. Solche Rollen sind rar für Schauspielerinnen meines Alters.
Gibt es in Ihrer Filmografie Projekte, die für Sie besonders herausragen?
Ich würde sagen, dass ich auf rund zehn Filme besonders stolz bin. Zum Beispiel "Hochzeit auf Italienisch", "Die Gräfin von Hongkong" – weil ich da mit Charlie Chaplin arbeiten konnte – und natürlich "Und dennoch leben sie", für den ich den Oscar bekommen habe, obwohl ich gar keine richtige Schauspielausbildung habe.
Damals waren Sie gerade einmal 26 Jahre alt. Wie lernt man so jung oscarreif zu spielen?
Ich hatte das Glück, dass mich die richtigen Leute unter ihre Fittiche nahmen. Ganz besonders Regisseur Vittorio De Sica, der wie ich aus Neapel kam. Deshalb habe ich mich mit ihm auf Anhieb verstanden. Wir hatten viel Spaß zusammen, und er schanzte mir ganz am Anfang schon kleine Rollen zu, während die Produktion mich nur als Statistin einsetzen wollte. Auf diese Weise habe ich diesen Beruf instinktiv gelernt.
Sie kamen aus armen Verhältnissen ...
Damals waren alle arm. Das war die Zeit des Krieges. Meine schönste Kindheitserinnerung ist, wenn ich ein Stück Brot zu essen bekam.
Würden Sie sich im Nachhinein eine leichtere Kindheit wünschen?
Nein. Denn diese Erfahrungen haben mich viel Lebensweisheit gelehrt. Wenn es nicht selbstverständlich ist, dass du jeden Tag Essen auf dem Tisch hast, dann lernst du das Leben zu schätzen und in die Hand zu nehmen. In gewissem Sinne kann ich mich für diese Erfahrungen glücklich schätzen.
Ihre Figur in Ihrem aktuellen Film findet neuen Sinn im Leben, indem sie sich um Kinder kümmert. Ist die Familie die wahre Erfüllung für Sie?
Meine Erfüllung finde ich in der Freude am Leben. Und die bekomme ich vor allem von meinen Kindern und meinen Enkeln. Aber ich ziehe eben auch Befriedigung aus Rollen wie in "Du hast das Leben vor dir".
Sie wurden nicht nur für Ihre Filme, sondern auch als eine der schönsten Frauen der Welt gefeiert. Mochten Sie das oder hat es Sie gestört?
Es war schon nett, wenn die Leute so etwas sagten. Jetzt bin ich bei Weitem nicht mehr so schön wie in meinen 20ern oder 30ern. Das gute Aussehen hatte ich nur den Genen meiner Mutter zu verdanken. Sie bewegte sich immer, als würde die Welt ihr gehören. Sie war einfach wunderbar. Ihre positive Lebenseinstellung versuche ich mir bis heute zu bewahren.
Zur Person: Sophia Loren
Sophia Loren kam am 20. September 1934 zur Welt und wuchs in Neapel auf. Filmproduzent Carlo Ponti, ihr späterer Ehemann, entdeckte die 16-Jährige bei einem Schönheitswettbewerb und begann ihre Karriere zu fördern. Nach ersten Hauptrollen in ihrer Heimat ging Loren 1957 nach Hollywood. Mit Filmen wie "El Cid" oder "Hausboot" wurde sie zum Star. Für ihre Rolle im italienischen Weltkriegsdrama "Und dennoch leben sie" erhielt Loren 1961 den Oscar als beste Hauptdarstellerin. Aus ihrer Ehe mit dem 2007 verstorbenen Ponti hat sie zwei Kinder.