Wissen und Tipps

Autor: Patricia Pearson

April, April - wer sein Kind einmal anlügt...

Aprilscherze sind eine heikle Sache, wenn man Kinder hat.

© istockfoto.com / udra

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Zum Glück sind die Kinder schon aus dem Haus“, denke ich im Stillen. Denn das heißt, am 1. April bin ich allein mit meinem Mann Ambrose, für den ohnehin alles ein Witz ist. Wie bei so ziemlich allem, was mit meiner Rolle als Mutter zu tun hat, verspüre ich auch beim Thema Aprilscherze Schuldgefühle. Es wäre doch eine gute Gelegenheit gewesen, etwas Verspieltheit an den Tag zu legen, aber Jahr für Jahr war ich aufs Neue überrascht, dass schon wieder der 1. April war. Morgens platzte ich dann mit irgendeinem Quatsch heraus („Im Garten sind Außerirdische gelandet!“) in der Hoffnung, die Kinder würden zum Fenster rennen und nachsehen. Wenn mein Sohn oder meine Tochter dann mit abfälligem Blick erklärten: „Der Vater von XY hat blaues Wasser aus dem Hahn fließen lassen und die Cornflakes eingefroren“, kam ich mir dumm vor. Schlechte Mama! Aber ich habe meinen Kindern, noch bevor sie zehn Jahre alt waren, schon einiges aufgetischt: Ich habe mit ernster Miene erklärt, dass es die Zahnfee wirklich gibt, dass Hasen Ostereier bringen und dass die Weihnachtsgeschenke ein alter Mann mit dem Schlitten verteilt.

Clara im Krisenmodus

Mit solchen Geschichten war Schluss, nachdem unsere damals achtjährige Tochter Clara ihren Vater dabei überraschte, wie er ihr Schreiben an die Zahnfee (inklusive beigelegtem Backenzahn) durch eine Handvoll Münzen ersetzte. Ambrose und ich hatten am Vorabend vergessen, uns darum zu kümmern. Wir hatten Clara und ihrem Bruder Geoffrey beigebracht, den ausgefallenen Zahn unter ihr Kopfkissen zu legen. Als mein Mann sich morgens in ihr Zimmer schlich und versuchte, den Zahn zu holen, war Clara im Bett hochgeschossen, als habe sie einen Geist gesehen, erzählte mir Ambrose später. In seiner Panik stopfte sich mein Mann den Zettel in den Mund wie ein Spion, der Geheiminformationen zu vernichten versucht.

Clara schaltete in den vollen Krisenmodus. Sie rannte aus ihrem Zimmer und heulend wie ein Schlosshund in den Garten hinaus. Inzwischen war ich auch wach und folgte ihr nach draußen, wo ich – noch im Nachthemd und vor der ersten Tasse Kaffee – eine ernste Debatte führen durfte.
„Wo ist die Zahnfee? Warum hat Dad ihren Brief weggenommen?“
„Clara, es gibt sie nicht wirklich …“
„WAS?! Ihr habt mich die ganze Zeit belogen?“

Tja, wie antwortet man auf so eine Frage? Ich schätze, das hängt von der jeweiligen Gemütsstimmung Ihres Kindes ab. Aber wenn es sich aufführt, als wolle es vor Gericht die Menschenrechte verteidigen, stecken Sie in der Klemme. So kurz nach dem Aufstehen war ich noch nicht in Bestform.

„Bei was habt ihr mich noch belogen?“, wollte Clara wissen. (Als die Tochter meines Schwagers ihm einmal diese Frage stellte, brach es spontan aus ihm heraus: „Du bist adoptiert.“ Zum Glück schob er sofort „War nur ein Witz“ hinterher.) Verzweifelt versuchte ich Clara zu erklären, dass es in vielen Kulturen und Traditionen tatsächlich Feen gab. „Nicht bloß eine Zahnfee, die ist mehr wie … wie eine Fee für Einsteiger … wie eine Puppe, kein echtes Baby.“
Clara zuckte zusammen, erschrocken von der Andeutung, ihre Puppe Sam sei nicht real (seit Längerem ein heikles Thema). Dies hätte der Auftakt eines quälenden, stundenlangen theologischen Disputs werden können, aber zum Glück mussten wir uns für die Schule fertig machen.

Als Eltern lebt man mit der Angst, dass unser Lügengebäude eines Tages einstürzen wird. Es heißt, erwachsen zu werden bedeute, den Witz des Ganzen zu verstehen. Aber wenn die Kinder hinter unsere Märchengeschichten kommen, können Sie sich darauf einstellen, dass sie Ihnen sehr anstrengende Jahre lang erst einmal gar nichts mehr glauben werden.