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Autor: Chris Stokel-Walker

Die Zukunft der Technik

Vom selbstfahrenden Auto bis zur Raumfahrt: Wir beantworten fünf Fragen zur Zukunft der Technologie.
Die Zukunft der Technik

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©istockfoto.com /peepo

Auch wenn es sich so anfühlt, als würde sich die Entwicklung der Technik heute unkontrolliert beschleunigen, so folgt sie doch einer vorhersehbaren Formel: dem sogenannten Mooreschen Gesetz. Es prognostiziert das Tempo des menschlichen Fortschritts in der Technologie seit fast sechs Jahrzehnten. Das Gesetz besagt, dass sich die Zahl der Transistoren auf einem Computerchip alle zwei Jahre verdoppelt. Dies ist ein zuverlässiger Indikator dafür, wie sehr und wie schnell sich die Technologie verändern wird. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass andere wichtige Trends in der Technik viel schneller voranschreiten, als Computerchips mithalten können. Von einem neuen Wettlauf im Weltraum, bei dem Milliardäre wie Elon Musk und Jeff Bezos gegeneinander antreten, bis hin zu Fortschritten bei der künstlichen Intelligenz (KI), die Roboter und selbstfahrende Autos antreibt, beantworten wir fünf Fragen, um Ihnen einen Einblick in die Zukunft der Technik zu geben.

Wann kann ich ein selbstfahrendes Auto kaufen?

Jetpacks, die uns Science-Fiction-Autoren seit den 1920er-Jahren versprochen haben, werden uns wohl nicht so bald zur Schule oder Arbeit bringen. Etwas näher sind wir der Verwirklichung der Vision selbstfahrender Autos, die uns befördern, während wir Zeitung lesen. Fahrer­assistenzsysteme an sich gibt es schon länger, sei es das weit verbreitete Antiblockiersystem (ABS) oder auch neuere Entwicklungen wie Spurhalteassistent oder adaptives Kurvenlicht. Auch Autos, die teilweise autonom fahren können, gibt es. Einige Modelle von Tesla erreichen beispielsweise Stufe zwei des fünfstufigen Systems, das von SAE International (Verband der Automobilingenieure) entwickelt wurde. Stufe fünf steht für ein vollständig selbstfahrendes Fahrzeug.
„In China gibt es in Großstädten wie Shanghai und Shenzhen bereits selbstfahrende Autos für den Personen­transport“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Zentrums für Automobilforschung in Duisburg. Diese Taxis sind Teil eines Plans, den Absatz von Autos der Stufe vier bis 2030 auf rund 20 Prozent der Gesamtproduktion zu steigern. Fahrzeuge dieser Stufe erfordern, dass der Fahrer oder die Fahrerin die Hände stets am oder in der Nähe des Lenkrads hält.
Was in China funktioniert, könnte anderswo nicht funktionieren, räumt Dudenhöffer ein – vor allem wegen der unterschiedlichen Datenschutzregelungen. Chinesische Bürger akzeptieren, dass ihre Fahrten verfolgt und analysiert werden, um den Verkehrsfluss zu verbessern. Die Menschen in anderen Ländern sind nur ungern bereit, einer solchen Über­wachung zuzustimmen.
Datenschutzbedenken dürften dem Versprechen, während der Fahrt zur Arbeit abschalten zu können, zuwiderlaufen. Selbstfahrende Autos müssen ständig Daten von ihren Sensoren und ihrer Software generieren, um Fahr­entscheidungen treffen zu können.
Vollständig autonom fahrende Autos werden wir in Europa eher nicht so bald kaufen können. Wer auf dem Weg zur Arbeit lesen möchte, sollte also weiter Bus und Bahn nutzen.


Was ist das Metaverse?

Der Begriff, der von dem Science-Fiction-Autor Neal Stephenson in einem Roman aus dem Jahr 1992 geprägt wurde, ist zu einer Vision für die Zukunft des Internets geworden. Und wenn man Experten Glauben schenken darf, dann werden wir dort künftig einen großen Teil unseres Lebens verbringen. „Im Metaverse verschmelzen unser physisches und unser digitales Leben“, erklärt Cathy Hackl vom Beratungsunternehmen Futures Intelligence Group.
Das Metaverse ist ein digitaler, virtueller Raum, in dem man sich mithilfe einer Virtual-Reality-Brille bewegt und beispielsweise an Konferenzen teilnimmt oder Konzerte erlebt. Es beinhaltet eine funktionierende Wirtschaft, in der alle „Arbeit“ verrichten können, die mit einem „Wert“ entlohnt wird, den man auch in der realen Welt verwenden kann. Dadurch wird das Metaverse für Unternehmen attraktiv. Userinnen und User können etwa in einem virtuellen Geschäft Schuhe anprobieren und kaufen oder in einem virtuellen Restaurant Essen bestellen und sich nach Hause liefern lassen.
„Das ist die Zukunft des Internets“, sagt Hackl. „Aber es geht auch um weitere Konnektivität“, also um soziale Verbindungen durch ein neues Kommunikationssystem. Bislang konzentriert sich die öffentliche Aufmerksamkeit vor allem auf das Unternehmen, das früher als Facebook bekannt war und sich 2021 in Meta umbenannte. Gründer Mark Zuckerberg möchte damit zeigen, wie sehr er an die Zukunft des Metaverse glaubt. Und er will, dass bis 2030 eine Milliarde Menschen in seiner virtuellen Welt leben, arbeiten und spielen.
Hackl warnt jedoch davor, den
Social-Media-Giganten als das Zentrum des Metaverse zu betrachten. Ein einzelnes Unternehmen kann die Inhalte gar nicht erstellen. Und es wird auch nicht durch eine einzige Technologie ermöglicht.
Das Metaverse steckt noch in den Kinderschuhen. Das liegt vor allem daran, dass es der aktuelle Stand der Technik noch nicht ermöglicht, Welten zu schaffen, auf die von einer unbeschränkten Anzahl von Personen leicht zugegriffen werden kann. Es mangelt dafür an Serverkapazität und auch am Interesse der Menschen.

 

Werden Roboter meinen Job übernehmen?

Science-fiction-Romane verwandeln sich in der zweiten Hälfte oft in einen dystopischen Albtraum – und viele Arbeitnehmer fürchten, dass auch die Roboterrevolution als solcher enden wird. Bis 2035 könnte jeder dritte Arbeitsplatz automatisiert werden, prognostiziert jedenfalls die Unternehmensberatung PwC.
„Roboter werden meist für Arbeiten herangezogen, die in die Kategorien ‚schmutzig‘, ‚langweilig‘ oder ‚gefährlich‘ fallen“, erklärt Jonathan Aitken, Robotikexperte an der University of Sheffield, Großbritannien. „Die Auto­matisierung eines sich stets wieder­holenden Prozesses ist immer möglich. Das ist der Grund, warum Roboter schon lange in der Automobilproduktion eingesetzt werden.“
Aber es sind nicht nur die Arbeitsplätze in den Fabriken, die durch Fortschritt bei Robotern unter Druck geraten. Auch andere Arbeitsfelder sind davon betroffen, vor allem solche, die sich mit dem Sortieren von Daten beschäftigen – eine Aufgabe, die sich ideal für künstliche Intelligenz eignet. Wenn ein Computer Aktien besser und schneller auswählen kann als ein Mensch, ist es sinnvoll, ihn einzusetzen – und fast alle Wertpapier­firmen tun dies auch schon.
Zu den Berufen, bei denen es weniger wahrscheinlich ist, dass sie durch Roboter ersetzt werden, gehören die im Gesundheitswesen. Dabei gibt es bereits chirurgische Roboter, die von medizinischem Fachpersonal fern­gesteuert werden, um präzisere Eingriffe vorzunehmen.
„Es ist wichtig zu fragen, ob wir wollen, dass Roboter bestimmte Aufgaben übernehmen“, sagt Aitken. „Wenn wir einen Menschen ersetzen, vor allem in einer dem Menschen zugewandten Rolle, sind wir gefordert, den Roboter zu akzeptieren. Das ist etwas, das Zeit braucht. Menschen bevorzugen immer noch Menschen.“


Was ist ein NFT?

Nur wenige Dinge, die 44,2 Milliarden US-Dollar wert sind, werden so missverstanden wie NFTs. Aber auch nur wenige Dinge haben den Zeitgeist so erobert wie sie. Die drei Buchstaben stehen für Non-Fungible Token. Ein NFT enthält einen Verweis auf einen digitalen Inhalt, der sich auf einem Server befindet. Dieser Verweis wird in einer sogenannten Blockchain gespeichert, dadurch ist er praktisch unveränderbar.

„Die meisten Menschen haben von NFTs im Zusammenhang mit Kunstwerken gehört“, sagt Nick Donarski, Gründer von ORE System, einem Unternehmen, das sich mit NFT-Technologie beschäftigt. Immer mehr Künstler setzen auf NFTs als Möglichkeit, digitale Werke mit Einzigartigkeits­garantie zu veräußern. Anstatt ein physisches Gemälde zu besitzen, kann man Eigentum an einem NFT, einem Originalstück digitaler Kunst, erwerben. Prominente wie Gwyneth Paltrow, Madonna und Justin Bieber zeigen stolz ihre NFT-Sammlungen.
Trotz der Unterstützung durch bekannte Persönlichkeiten sind die NFTs auch in die Kritik geraten. Manche NFT-Projekte wurden als Betrügereien entlarvt. Wenn NFTs den Kinderschuhen entwachsen, könnten sie zu einer weit verbreiteten Technologie werden.

Wie geht es in der Raumfahrt weiter?

Vor rund 50 Jahren gelangten Astro­nauten mit Raketen ins All, die von der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA mit staatlichen Mitteln finanziert wurden. Heute sind Weltraumreisende mitunter Milliardäre, die eine Reise in eine Umlaufbahn mit einer selbst bezahlten und gebauten Rakete genießen.
Der Wandel fühlt sich wie ein riesiger Sprung an, aber es gibt gute Gründe dafür, erklärt Laura Seward Forczyk, Gründerin von Astralytical, einem Beratungs­unternehmen für die Raumfahrt. „Weltraumprojekte werden für die moderne Gesellschaft immer wichtiger“, sagt sie.
Zehntausende Satelliten umkreisen die Erde, um das mobile Telefonieren, das Navigieren mithilfe von GPS sowie weltweite Internetverbindungen zu ermöglichen – und der Unterhalt dieser Systeme kostet viel Geld. „Dazu gibt es normalerweise nicht viele Schlagzeilen, aber es gibt gute Gründe dafür, warum private Unternehmen im Weltraum aktiv sind“, erklärt Forczyk.
Und je mehr Unternehmen darüber lernen, wie man Raketen und Satelliten in den Weltraum bringt, desto mehr können sie der NASA bei ihren Missionen helfen. Das ist wichtig, weil die NASA selbst unter finanziellem Druck steht. Seit dem Höhepunkt im Jahr 1966, als die Ausgaben für das Weltraumrennen 4,4 Prozent des US-Regierungsbudgets ausmachten, betragen diese Ausgaben heute weniger als 0,5 Prozent des Gesamthaushalts der Vereinigten Staaten.
„Die NASA beauftragt kommer­zielle Unternehmen, die einen Großteil der Raketen für die Beförderung von wissenschaftlichen Nutzlasten auf die Mondoberfläche bauen“, sagt Forczyk. Man hofft, dass bald Menschen folgen werden – möglicherweise schon 2025, aber realistischer sei 2030.
Wenn Sie sich fragen, warum wieder Mondmissionen durchgeführt werden – schließlich hat die Menschheit seine Oberfläche ja längst betreten –, so lautet die Antwort, dass wir bislang nur einen Teil davon erforscht haben. „Wir wissen heute viel mehr, aber wir wissen immer noch sehr wenig“, sagt Forczyk. „Deshalb wollen wir mit Menschen zurückkehren, um mehr zu erfahren. Aber noch wichtiger ist, dass wir zurückkehren, um dort zu leben und zu arbeiten.“
Einige sehen den Mond sogar als mögliche Basis für die Erkundung des Weltraums durch den Menschen. Der Mars gilt als nächster Ausgangspunkt für die endgültige Erschließung des Weltraums. Ob wir diesen Punkt noch erleben, ist allerdings eine ganz andere Frage.