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Autor: Reader's Digest

Wer waren Bonnie und Clyde?

Das berühmte Gaunerpaar raubte und mordete, erfreute sich aber trotzdem einer ungewöhnlichen Popularität. Schon zu Lebzeiten wurden Bonnie und Clyde zu einem Mythos.

© Symbolfoto: iStockfoto.com / lortie

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Bonnie war 19 Jahre alt, als sie Clyde kennenlernte. Geboren wurde sie am 1. Oktober 1910 in der texanischen Stadt Rowena. Mit vollem Namen hieß sie Bonnie Parker, was die Menschen später vergaßen, weil ihr Vorname in Verbindung mit dem ihres Partners zu einem Markenzeichen wurde. Clyde hieß vollständig Clyde Barrow. Er war am 24. März 1909 in der Stadt Telico auf die Welt gekommen, also ebenfalls in Texas. Beide stammten aus der unteren Mittelschicht: Bonnies Vater war Maurer, Clydes Vater der Pächter einer Farm. Bonnie war bereits einmal verheiratet gewesen. Im Januar 1930 begegneten sie sich zum ersten Mal im texanischen Oak Cliff bei Dallas. Clyde hatte kurz zuvor mit seinem Bruder einen Einbruch begangen. Zwar gelang ihm zunächst die Flucht, schließlich landete er aber doch im Gefängnis.

Weltweite Aufmerksamkeit

Derweil wartete Bonnie geduldig auf Clydes Entlassung. 1932 war es so weit, und nun begann die große Zeit des erst viel bewunderten, später geschmähten Gaunerpärchens. In den nächsten Monaten und Jahren beherrschten Bonnie und Clyde die Schlagzeilen der amerikanischen Presse. Auch europäische Zeitungen widmeten sich ausführlich dem ungewöhnlichen Duo. Das turbulente Leben der beiden Outlaws übte auf viele Menschen, die unter der Enge ihrer bürgerlichen Existenz litten, eine eigenartige Faszination aus. Bonnie und Clyde wurden noch zu Lebzeiten zu einem Mythos, der immer mehr die Grausamkeit ihrer Taten ausblendete.

Kriminelle Aktivitäten

Die Spezialität von Bonnie und Clyde waren Überfälle – auf Banken, Geschäfte, Tankstellen. Aber sie waren nicht mit Samthandschuhen unterwegs. Das Paar scheute nicht davor zurück, zu töten. Im Gegenteil: Mord und Totschlag waren fester Bestandteil ihres kriminellen Alltags. Insgesamt 14 Morde gingen auf ihr Konto.

1932 wurde Bonnie bei einem Überfall auf ein Eisenwarengeschäft festgenommen und kam ins Gefängnis. Während ihrer Haft war Clyde mit zwei Komplizen unterwegs. Bei einem Einbruch in ein Juweliergeschäft wurde der Inhaber erschossen. Wenig später war Bonnie wieder frei. Und wie zuvor reisten sie durch das Land, immer auf der Suche nach Gelegenheiten, ihre Kasse zu füllen. Im März 1933 bekam das Paar Zuwachs in Form von drei Bekannten – zwei Männern und einer Frau –, mit denen sie nun das gefürchtete Quintett derBarrow-Bande“ bildeten. Nachdem sie nicht nur in Texas, sondern auch in Oklahoma zahlreiche Überfälle begangen hatten, kam es am 29. Juli 1933 in Iowa zu einem heftigen Schusswechsel mit der Polizei. Einer ihrer Komplizen starb im Kugelhagel, die Frau wurde ebenfalls getötet. Dem Rest der Bande gelang die Flucht. Im November wurde auch das dritte Mitglied der Gang gefasst. Bonnie und Clyde waren wieder auf sich allein gestellt.

Spektakuläre Flucht

Wegen der vielen Verbrechen, die sie begangen hatten, standen sie inzwischen in allen Fahndungslisten ganz oben. Es gab keine Stadt und keinen Ort, der nicht übersät war mit ihren Steckbriefen. Obwohl es für sie immer gefährlicher wurde, gingen sie weiter unbeeindruckt ihren kriminellen Geschäften nach. Keine Bank, kein Laden war vor ihnen sicher. Wurden sie von der Polizei überrascht, schloss sich regelmäßig eine abenteuerliche Flucht mit filmreifen Verfolgungsszenen an.

Logistik des Verbrechens

75 Jahre nach dem Tod des Duos, im Jahre 2009, veröffentlichte das FBI bis dahin zurück gehaltene amtliche Dokumente sowie Briefe und Notizen zum Fall „Bonnie und Clyde“. Es beweist, dass das populäre Paar zuweilen unglaubliches Glück gehabt hatte, wenn ihnen die Fahnder ganz dicht auf den Fersen gewesen waren und ihnen dennoch wieder einmal haarscharf die Flucht gelang. Das Unternehmen „Bonnie und Clyde“ war, wie die Behörden nach und nach herausfanden, auch nur deswegen möglich, weil dahinter eine ausgefeilte Logistik stand. Das Duo verfügte über ein persönliches Netzwerk im Unterweltmilieu, kannte daher viele Unterschlupfe und hatte überdies in Clydes weit verzweigter Barrow-Familie zuverlässige Helfer. Zugute kam ihnen auch, dass die Polizei in der damaligen Weltwirtschaftskrise schlecht bezahlt und nicht optimal ausgestattet war. So hatten bei den wilden Verfolgungsjagden ihre klapprigen Wagen keine Chance gegen Clydes schnellen Ford V8, Baujahr 1932

Blutiges Ende

Das Ende kam in den frühen Morgenstunden des 23. Mai 1934. Angesichts der Erfolge und der vergeblichen Bemühungen der Polizei, sie zu fassen, hatte sich bei dem Duo eine gewisse Sorglosigkeit und sogar Übermut breit gemacht. In der Szene waren sie deswegen nicht gerade beliebt. So kam aus jenem Milieu auch der entscheidende Tipp für die Polizei. Sie wusste daher, dass die beiden Gesuchten auf dem Weg von Lousiana nach Texas waren. Bei dem kleinen Ort Bienville Parish schnappte die Falle zu. Ein Wagen versperrte den Weg, scheinbar mit einer Reifenpanne. Im Gebüsch legten sich sechs schwerbewaffnete Polizisten auf die Lauer. Da näherte sich der Ford des Duos, mit Clyde am Steuer. Das Kommando begann sofort zu schießen. 167 Schüsse wurden, wie man später feststellte, abgefeuert. Bonnie und Clyde hatten keine Chance und starben an Ort und Stelle.

Amerika erwachte langsam aus dem Rausch, in den es sich in den Jahren zuvor hinein gesteigert hatte. Nun, nach dem Tod des Paares, erlosch der Glanz von zwei Menschen, die, wie es sich bei nüchterner Betrachtung zeigte, zwar keine normalen Verbrecher, aber eben doch Verbrecher gewesen waren