Wie kann ich mir meine Passwörter merken?
Ich hatte nie Probleme, mich an meine Passwörter zu erinnern. Bis zu jenem schicksalhaften Tag.

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Kennen sie den sprichwörtlichen Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt? In meinem Fall war es ein Passwort, das meinem Erinnerungsvermögen den Todesstoß versetzte. Nun hoffe ich, dass ich anderen als Warnung diene. Es lief alles bestens. Die PIN für meine Kreditkarte, die Mobilfunknummer, Anmeldedaten für Facebook – ich konnte sie alle herunterbeten. Bis ich mich für ein Bonuspunktesystem beim Tanken anmeldete. Auf der Website wurde ich aufgefordert, ein Passwort zu erstellen. Das ist nicht schwer: „benzin1“. Wie? Abgelehnt, weil zu einfach? Ich sollte mindestens einen Großbuchstaben und ein Sonderzeichen hinzufügen. Na gut, nächster Versuch: „IchHasseHerzloseÖlkonzerne@#$%AllesWirdImmerTeurer“. Das wurde als zu lang beanstandet, und es enthielt nicht „mindestens eine Ziffer“. Vielleicht war es auch ein klein wenig abwertend.
Also benutzte ich eine kaum bekannte Tatsache über meinen Lieblingssänger Elvis Presley: „Garon1935“ – Garon war der zweite Vorname seines leider tot geborenen Zwillingsbruders. Dieses Passwort wurde akzeptiert. Doch während ich mein Gehirn mit dem neuen Passwort fütterte, löschte ich alle anderen. Offenbar hatte ich die Obergrenze für speicherbare Passwörter überschritten. Jetzt weiß ich keins mehr und kann selbst die simpelsten Geschäfte nicht mehr tätigen – Online-Banking, Abo für den Streamingdienst, Facebook und Vielfliegerprogramm.
Zum Glück hatte ich einige Passwörter in mein „Sterbebuch“ eingetragen. Darin sammelte ich wichtige Informationen für meine Frau und die Kinder nach meinem Ableben. Sollte dieses Buch in die falschen Hände geraten, hatte ich die Daten vorsichtshalber so verschlüsselt, dass nur ein Familienmitglied sie verstehen würde. Die PIN für meine Kreditkarte kombinierte ich mit unserer Postleitzahl und trug sie bei den Telefonnummern unter Johnny Cash ein. Clever, oder? Ich wette, daran würde sich selbst Albert Einstein die Zähne ausbeißen. Das Buch enthält auch Passwörter, die sich auf historische Ereignisse beziehen, aber derart kryptisch beschrieben sind, dass selbst ich nicht mehr weiß, was ich damit bezwecken wollte.
Das Gedächtnis ist schon eine verrückte Sache
Das wusste auch Marcel Proust und nannte es ein „Versteckspiel“. Proust hatte gut reden, er musste sich nur die Namen der feinen Gesellschaft von Paris merken und benötigte nicht für jede Dame ein eigenes Passwort, bestehend aus Großbuchstaben, Ziffern und Sonderzeichen. Was wir brauchen, ist so eine Gebrauchsanweisung wie die, mit der wir uns die Namen von Leuten merken sollen: Man erstellt mental eine Verbindung zwischen etwas Auffälligem an der Person und ihrem Namen, und baut sich auf diese Weise eine Eselsbrücke. Sie sollten allerdings darauf achten, dieses Attribut nicht zu nennen. Die „scharfe Susanne“ freut sich vielleicht über diese Anrede, aber tut es auch die „langweilige Laura“?
Als Eselsbrücke beim Ändern von Passwörtern könnten Sie eine Stelle aus Ihrem Lieblingsbuch wählen oder Sie nehmen militärische Ränge. Wobei ich mir nie merken kann, ob ein Oberst nun höher ist als ein Oberleutnant. Oder Sie kombinieren einfach die ersten und letzten Buchstaben von Elvis’ größten Erfolgen, dazu das Jahr der Veröffentlichung. Vielleicht probiere ich das und schreibe es verschlüsselt in mein Sterbebuch. Und dann verstecke ich es so, dass ich es nicht wiederfinde.