Briefe an den Weihnachtsmann
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Lange bevor die Geschenke ausgepackt werden, der Weihnachtsbaum noch nicht geschmückt ist, und die Weihnachtskugeln in den Schachteln liegen, ist in vielen Haushalten bereits der Zauber von Weihnachten zu spüren. Vorfreude breitet sich aus, ja fast schon Spannung, denn in Schönschrift werden Briefe geschrieben: Briefe an den Weihnachtsmann.
„Lieber Weihnachtsmann, ich hoffe, dass es dir gut geht und dass du mir alle Geschenke bringst, die ich mir wünsche. Ich hab dich lieb, und für die Rentiere haben wir Möhren herausgelegt, und für dich, lieber Weihnachtsmann, haben wir Plätzchen und ein Glas Milch bereitgestellt. Ich mag dich sehr, lieber Weihnachtsmann, und ich habe unten auf dem Blatt ein Bild von dir gemalt. Bis zum nächsten Jahr und viele Küsse, dein Clément.“
Auch wenn wir die Adresse nicht kennen, die der kleine Franzose auf seinen Umschlag schreibt – Rue des Étoiles (Sternenstraße) oder Nordpol –, wissen wir doch, dass sein Brief im offiziellen Sekretariat des Weihnachtsmanns in Libourne, im Südwesten Frankreichs, landet. Libourne liegt rund 40 Kilometer westlich von Bordeaux. Jedes Jahr gehen dort rund 1,3 Millionen Briefe ein. Jeder zehnte Brief kommt aus dem Ausland.
„Der Weihnachtsmann ist eine mythische Figur, aber er lebt in menschlicher Gestalt mitten unter uns“, erklärt Nadine Cretin, Historikerin und Spezialistin für westliche Feste und Traditionen. „Kinder wundern sich also nicht, dass sie ihm einen Brief oder jetzt auch eine E-Mail schicken können. Sie fragen sich vielmehr, wie es der Weihnachtsmann schafft, so viele Familien in einer Nacht zu besuchen!“ Eine erstaunliche Leistung - was Kinder aber nicht davon abhält, Bilder aus Spielzeugkatalogen auszuschneiden, um eine Liste mit den Geschenken zu erstellen, die sie unter dem Weihnachtsbaum entdecken möchten - ohne Rücksicht auf die Finanzen der Familie.
Wohnt der Weihnachtsmann nun in Frankreich oder in Finnland?
„Es gibt noch andere Weihnachtsmann-Büros auf der Welt, aber unseres ist das Wichtigste“, strahlt David Resse, Leiter des Büros der französischen Post, das jedes Jahr Mitte November seine Arbeit aufnimmt. Diese Einschätzung sorgt in Finnland für ein wenig Unmut. „Ich muss Ihnen mitteilen, dass der echte Weihnachtsmann bei uns lebt“, sagt Hanna Raunio, Chefredakteurin der finnischen Ausgabe von Reader’s Digest, mit gespielter Empörung. „Sein Hauptpostamt befindet sich im Weihnachtsmanndorf in der Nähe von Rovaniemi, direkt am Polarkreis.“
Das skandinavische Büro gibt es seit 1985, doch die Briefe wurden schon in den 1920er-Jahren nach Lappland geschickt. Denn damals erzählte der Journalist Eino Markus Rautio, alias Onkel Markus, am Radio, dass der Weihnachtsmann auf dem Berg Korvatunturi, wörtlich Ohrenberg, wohnt. Seit der offiziellen Eröffnung hat das finnische Büro fast 25 Millionen Briefe von Kindern, aber auch von Erwachsenen, aus 200 Ländern erhalten. Das Besondere daran? Es hat sieben Tage die Woche geöffnet.
Doch die französische „Konkurrenz“ war zuerst da. Sie verdankt ihre Existenz (...)
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