Natürlich Heilen

Autor: Dorothee Fauth

Die heilende Wirkung von Erde, Wasser und Salz

Feuer, Wasser, Erde, Luft. Jahrhundertelang galten die vier Elemente als die Bausteine der Welt und Grundlagen vieler Therapien in Heil- und Kurorten.

Steg durch die Dünen zur Nordsee

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Ersetzt man den Begriff Feuer durch Wärme, können tatsächlich alle eine heilende Wirkung entfalten. Wo sie als gesunde Naturschätze vorkommen und angewendet werden, sind staatlich zertifizierte Heilbäder und Kurorte entstanden. Von Aerosolen bis Vulkangestein reicht das therapeutische Spektrum, und manchmal ist der Übergang zwischen den Elementen fließend.

Warme Wickel mit Moor- oder Vulkanerde

Besondere Erden können regelrechte Schatztruhen sein. Moore etwa. Diese mit Wasser vollgesogenen Böden enthalten entzündungshemmende, schmerzlindernde sowie biologisch aktive Stoffe, die durch die Haut dringen. Moorerde gilt als Alleskönner in der Naturheilkunde, ihre Wirksamkeit in Form von Bädern, Wickeln oder Packungen ist belegt. In einem warmen Moorbad steigt die Körpertemperatur bis zu einem Heilfieber, das Selbstheilungskräfte aktiviert. Rheumapatienten erfahren dadurch Linderung, aber auch bei Haut- und Skeletterkrankungen sowie in der Kinderwunschbehandlung kommt das schwarze Gold zum Einsatz. 48 anerkannte Moorheilbäder gibt es in Deutschland, davon befinden sich allein 15 in Bayern, Bad Aibling oder Bad Feilnbach etwa.

Schwarz und schlammig geht es auch beim Fango zu, einer Therapie mit Vulkanerde, die unter anderem in der Eifel abgebaut wird. Das Gestein enthält Mineralien wie Kieselsäure, Eisenoxid und Magnesium. Es wird fein gemahlen und mit Mineral- oder Thermalwasser zu einem zähen Brei verrührt. Diesen trägt man dick auf erkrankte Stellen oder den ganzen Körper auf, der anschließend in eine Decke gewickelt wird. So kann die Wärme tief in das Gewebe eindringen und die Durchblutung fördern. Das wirkt wohltuend bei Entzündungen, Muskelverspannungen und Verstauchungen.

Ähnlich lassen sich die weiße Rügener Heilkreide sowie Heilton, wie er bei Bad Homburg in Hessen gewonnen wird, verwenden. Heilkreide wird auch zur Behandlung unreiner Haut und als Fußbad zur Entsäuerung und Entschlackung eingesetzt. Heilerde aus eiszeitlichem Lössboden hingegen entfaltet ihre Wirkung, wenn man sie einnimmt, etwa bei Sodbrennen, Reizdarm oder Durchfall. Schadstoffe, Säuren und Cholesterin saugt sie auf wie Löschpapier.

Bäder in Meerwasser, Thermal- oder Mineralquellen

Der Schlick der Nordsee aus feinem Sand und dem organischen Material von Krebsen und Muscheln gilt als Heilerde des Meeres. Zusammen mit Algen und Meerwasser bildet der Mix den Grundstoff für die Thalasso-Therapie. In der Regel dauert diese Kur gegen Neurodermitis, Rheuma oder Erschöpfung eine Woche und beinhaltet neben den Packungen Wasseranwendungen, Massagen, Inhalationen, Bäder sowie Bewegung an der salzigen Luft. Das größte Thalasso-Zentrum Deutschlands befindet sich auf der Insel Norderney.

Auch im Bauch der Erde lagert ein Schatz der Natur: Thermalwasser. Aus bis zu 2000 Meter Tiefe gelangt es an die Oberfläche und bringt dabei Mineralien mit. Schon die Römer kannten seine wohltuende Wirkung und bauten die ersten Thermalbäder, um dort zu entspannen. Die Quellen im baden- württembergischen Baden-Baden und im hessischen Wiesbaden gehören mit 66 bis 68 Grad Austrittstemperatur zu den heißesten Deutschlands. Auch Bad Füssing in Bayern ist bekannt für den kostbaren Naturschatz, auf den man zufällig bei einer Ölbohrung gestoßen ist.

Neben warmem Wasser fördern kalte Mineralquellen und Sole, also mit Salzen angereichertes Wasser, die Gesundheit – als Bad, Trinkkur oder Inhalation. In Stuttgart, der Stadt mit dem zweitgrößten Mineralwasservorkommen Europas, sprudelt es unter anderem als Sauerwasser mit einer hohen Konzentration gelöster Kohlensäure aus dem Boden. Beim Baden prickelt es wie Champagner auf der Haut. Als Trinkkur regt es den Stoffwechsel an.

Sole zu Heilzwecken enthält mindestens 1,5 und bis zu sechs Prozent Salz, in Bad Essen im Osnabrücker Land steigt sie als natürliche Quelle sogar mit einer Mineralisierung von 31,8 Prozent aus der Tiefe. Das ist ein höherer Salzgehalt als im Toten Meer. Die Wirksamkeit von Sole bei Hauterkrankungen ist unbestritten. Wo sie, wie in Bad Salzuflen (Nordrhein-Westfalen) oder Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz), über Gradierwerke mit Reisigbündeln rieselt, reichert sie die Luft mit Salzaerosolen an. Diese befeuchten und reinigen die Atemwege und sind für Pollenallergiker und Asthmatiker eine Wohltat. 

Durchatmen in Luftkurorten mit Schon- oder Reizklima

Gesundheit aus der Luft finden Atemwegserkrankte und Schmerzgeplagte auch in Heilstollen mit ihrem einzigartigen Mikroklima. Die kühle, feuchte Luft ohne Schadstoffe, Staub und Allergene ist reiner als in einem Operationssaal und lässt Asthmatiker, Menschen mit chronischer Bronchitis, Keuchhustenkinder oder Long-Covid-Patienten aufatmen. Warm eingepackt, ist ein Aufenthalt im Bauch der Erde, etwa in Aalen (Baden-Württemberg) oder in Bad Grund im Harz, auch entspannend und hilft gegen Schlafstörungen. Radonstollen wie in Bad Kreuznach eignen sich zur Therapie chronischer Schmerzen. Das Heilklima aus gering radioaktivem, daher unschädlichem Gas und Wärme kurbelt das Immunsystem an, aktiviert die Selbstheilungskräfte und führt nach mehreren Therapiestunden zu einer nachhaltigen Linderung. 

Apropos Klimatherapie: Das bietet die Natur auch ohne Rezept und Behandlungskosten durch natürliche Umweltreize. Dabei unterscheidet man Regionen und Luftkurorte mit Schonklima und solche mit Reizklima. Ein Schonklima, wie man es in den waldreichen Mittelgebirgen findet, wirkt nicht belastend. Es zeichnet sich durch ausgeglichene Luftfeuchtigkeit und Temperaturen aus und eignet sich zur Regeneration. Reizklima herrscht hingegen an der Küste und im Hochgebirge. Wind, Meerwasseraerosole, saubere Luft, Temperaturschwankungen und intensive UV-Strahlung kurbeln den Stoffwechsel und das Immunsystem an. Auch Allergiker profitieren davon. Prädikate und Gütesiegel helfen bei der Auswahl des richtigen Heilbads oder Kurorts, um mit den Naturschätzen Gesundheit und Wohlbefinden zu stärken.