Wiederentdeckte Gemüsesorten
Im Lauf der Jahrhunderte sind immer mehr alte Gemüsepflanzen aus den Gärten und Küchen verschwunden. Doch in den letzten Jahren haben sie wieder eine Renaissance erlebt, nicht zuletzt dank engagierter Hobbygärtner und Biobauern. Inzwischen führen vor allem Anbieter von ökologischen Produkten verstärkt Samen, Knollen und Jungpflanzen von alten Kulturpflanzen, die für den Eigenanbau geeignet sind.

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Flügelerbse- Lotus maritimus, Syn. Tetragonolobus purpureus
Auch bekannt als Spargelerbse Die Hülsenfrucht verdankt ihren Namen den vier flügelähnlichen Kanten entlang ihrer grünen Hülsen. Sobald die Hülsen 5– 6 cm lang sind, werden sie noch unreif geerntet, da sie später verholzen und ihr charakteristisches Aroma verlieren. Die ursprünglich im Mittelmeerraum und in Asien beheimatete Flügelerbse kam im 16. Jahrhundert nach Deutschland und war bis vor wenigen Jahrzehnten ein beliebtes Gemüse für den Eigenanbau. Die Hülsenfrüchte werden wie Zuckerschoten im Ganzen zubereitet. Gedünstet oder gebraten, entwickeln sie einen spargelähnlichen Geschmack. Daher ihr zweiter Name: Spargelerbse. Die zarten Hülsen sind druck empfindlich und nicht lange haltbar. Die reifen Samen wurden in früheren Zeiten geröstet, gemahlen und dienten als Kaffeeersatz.
Anbau und Ernte
Die unkomplizierte Pflanze liebt die Wärme und einen sonnigen Standort. Sie wächst auf fast allen Böden, die nicht zu feucht oder zu schwer sind. Die Samen werden je nach Witterung von Mai bis Juli in 1–3 cm Tiefe im Freiland ausgesät. Günstig ist es, die Samen vorher einige Stunden in warmem Wasser quellen zu lassen. Geerntet wird über viele Monate von Ende Juni bis September.
Gartenmelde - Atriplex hortensis
Auch bekannt als Spanischer Salat, Spanischer Spinat In ihrer wilden Form tritt die bis zu 2 m hohe, krautige Melde überall dort auf, wo der Boden bewegt wird – sei es vom Gärtner beim Umgraben oder von Wildschweinen beim Umwühlen des Erdreichs. Schon in der Antike kultivierte man die wilde Melde, schätzte ihren würzigen Geschmack und nutzte sie als Heilpflanze. Heute gibt es die Gartenmelde in vielen Farben – von Hellgrün über Rot bis Violettbraun. Die jungen Blätter sind reich an Vitamin C und Mineralstoffen. Sie werden roh im Salat gegessen oder wie Spinat gedünstet. Dabei hat die einjährige Pflanze dem Spinat gegenüber einige Vorteile: Sie ist anspruchsloser, ertragreicher und wächst schnell. Wegen des geringeren Gehalts an Oxalsäure ist ihr Aroma milder als das von Spinat. Allerdings ist sie nach der Ernte nicht lange haltbar.
Anbau und Ernte
Die robuste Gartenmelde gedeiht auf fast jedem Boden und liebt einen sonnigen Standort. Die Aussaat im Freilandbeet erfolgt ab April in Reihen oder einzeln zwischen anderen Kulturen. Kleine Jungpflanzen werden als Ganzes geerntet und verarbeitet. Bei größeren Pflanzen können nur noch die Blätter verzehrt werden. Nach der Blütenphase werden die Blätter bitter.
Haferwurzel - Tragopogon porrifolius
Auch als Austernpflanze, Bocksbart, Milchwurzel, Weißwurzel bekannt In ungeschältem Zustand sind die dünnen Stangen der Haferwurzel ockerfarben. Geschält und gekocht, lassen sich die schlanken Wurzeln kaum von der bekannteren Schwarzwurzel unterscheiden. Beide schmecken wie eine zart gewürzte Artischocke mit leichter Spargelnote. Der Haferwurzel wird eine appetitanregende Wirkung zugeschrieben. Zudem soll sie bei Sodbrennen und Leberproblemen helfen. Mit der Einführung der Schwarzwurzel verlor die Haferwurzel immer mehr an Bedeutung. Außer den Wurzeln kann man auch die Blätter verwenden, die wie Spinat oder Salat zubereitet werden.
Anbau und Ernte
Im April sät man Reihen mit ca. 20 cm Abstand aus. Jungpflanzen werden mit Abstand von 10 cm verzogen. Werden die Blätter im Oktober braun und welk, können die winterharten Haferwurzeln den Winter über geerntet werden. Frische Wurzeln halten sich einige Tage im Kühlschrank.
Knollenziest - Stachys sieboldii, Syn. Affinis
Auch als Stachys, Japanische Kartoffel, Chinesische Artischocke bekannt Der Knollenziest ist ein typisches Wintergemüse. Er gehört zur selben Familie wie die Minze und kam aus dem Fernen Osten über Frankreich nach Europa. Die bis zu 30 cm hohe Pflanze bildet ab dem Spätsommer an den Wurzeln fleischige, leicht spiralförmige, 2–4 cm lange Knöllchen aus. Die Knöllchen müssen nicht geschält werden und schmecken gekocht wie eine Mischung aus Artischocken und Kohlrabi. Man kann sie süß und sauer einlegen oder wie Spargel zubereiten. Die kleinen Spiralen ähneln äußerlich Muscheln und waren im letzten Jahrhundert eine beliebte Beilage zu festlichen Gerichten.
Anbau und Ernte
Die taubnesselähnliche Pflanze gedeiht am besten an einem sonnigen Standort auf feuchtem, leicht sandigem Boden. Ab März legt man einfach 3–4 Knollenrhizome in ca. 10 cm tiefe Pflanzlöcher. Danach erfordern die Pflänzchen nur noch wenig Pflege: harken, gießen und gelegentlich düngen. Die Ernte beginnt nach dem Absterben der Stängel und Blätter. Die Knöllchen sind zwar winterhart, aber wegen ihrer dünnen Haut nicht lange lagerfähig. Deshalb nach dem Ausgraben bald verarbeiten.
Schwarzer Rettich - Raphanus stativus L. var. Niger
Zu den sogenannten Winterrettichen gehört der runde Schwarze Rettich, der reichlich Senföle und Vitamin C enthält und deutlich schärfer ist als Weißer Rettich. Er eignet sich ebenso für Rohkost wie zum Garen. Schwarzer Rettich muss geschält werden, da seine dicke raue Schale schwer verdaulich ist. Schon im Mittelalter wurde der Schwarze Rettich als Heilpflanze geschätzt. Dank ihrer wertvollen Inhaltsstoffe unterstützt die Wurzel die Arbeit von Leber und Galle und bringt die Verdauung in Schwung. Rettichsaft wirkt schleimlösend und hilft bei Atemwegserkrankungen.
Anbau und Ernte
Die Aussaat im Freiland erfolgt von Juli bis August in Reihen an einem sonnigen Standort mit nahrhaftem, leicht sandigem Boden. Die Ernte muss noch vor dem ersten Frost erfolgen. Wegen seines festen Fruchtfleischs ist der Schwarze Rettich lange lagerfähig.
Alte Kartoffelsorten
„Schützen durch Aufessen“. Dieser Leitspruch der Slow-Food-Bewegung macht bei alten Kartoffelsorten besonders viel Spaß. Hier eine kleine Auswahl von fast vergessenen Kartoffelspezialitäten, die gut für den Eigenanbau geeignet sind:
Bamberger Hörnchen
süddeutsche Kartoffelsorte mit nussigem, intensivem Aroma. Die kleinen, fingerdicken, länglichen und oft krummen Knollen mit sehr dünner Schale sind vorwiegend festkochend. Diese Sorte findet man auch häufiger auf Märkten.
Edzell Blue
mittelfrühe, ertragreiche Kartoffelsorte mit blauer bis blauvioletter Schale und weißem Fruchtfl eisch, sehr mehligkochend und aromatisch.
Hermanns Blaue
mittelfrühe, vorwiegend festkochende Kartoffelsorte mit blau marmoriertem Fruchtfleisch und kräftigem Geschmack.
Kalber Rotstange
späte, gelbfleischige, festkochende Kartoffelsorte mit rosa Schale und tief liegenden Augen. Sie erinnert in Geschmack und Konsistenz an Maronen