Keine Zeit verschwendet
Als ein Mann im Schwimmbad zusammenbricht, ist Jere Häggman zur Stelle und reanimiert ihn.
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An einem Abend im März 2024 saßen Jere Häggman, 40, und seine sechsjährige Tochter im Whirlpool des Hallenbads in Porvoo, Finnland. Ein Mann in der Nähe erregte Häggmans Aufmerksamkeit, denn er schien ein Problem zu haben. Der Mann, der sich im Schwimmbecken in der Nähe der Treppe befand, hob die Arme hoch über den Kopf und tauchte für einige Sekunden vollständig unter. Als er wieder auftauchte, bemerkte Häggman, dass der Schwimmer abwesend wirkte. Obwohl es ihm unangenehm war, einem ihm völlig Fremden nahezutreten, stieg Häggman aus dem Whirlpool, ging auf den Mann zu und sprach ihn an. Der Mann antwortete, dass es ihm nicht gut gehe. Häggman fragte ihn, ob er irgendwelche gesundheitlichen Probleme habe. „Ich habe keine, aber mein kleiner Sohn ist dort drüben im Schwimmunterricht“, sagte der Mann. Dann verlor er plötzlich das Bewusstsein und ging unter.
Als Militärreservist war Häggman im Umgang mit Krisensituationen geübt, und der Armaturenmechaniker reagierte sofort. „Wir haben hier einen medizinischen Notfall!“, rief er laut. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich etwa acht weitere Personen in dem Becken, von denen einige sofort aus dem Wasser stiegen. Häggman erinnerte sich daran, dass ihm in der Ausbildung beigebracht worden war, dass es im Notfall darauf ankommt, weitere Unfälle zu verhindern. Er bat einen der Umstehenden, die Bademeister zu alarmieren.
Häggmans Tante war Erste-Hilfe-Ausbilderin, und als Kind hatte er die Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) an einer Resusci-Anne-Puppe geübt. Jetzt würde er seine Kenntnisse umsetzen müssen. Aber der Fremde war viel größer als er selbst, und Häggman hatte Mühe, den Kopf des Mannes über Wasser zu halten. So kann ich keine HLW machen, dachte er und rieb mit seinen Fingerknöcheln die Brust des Mannes – in der Hoffnung, dass dieser dadurch wieder zu Bewusstsein kommen würde.
Zwei Bademeister eilten herbei. „Ich habe hier einen nicht ansprechbaren Patienten!“, rief Häggman ihnen zu. Gemeinsam gelang es ihnen, den Mann aus dem Becken zu ziehen, und Häggman begann sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung. Die beiden Bademeister rannten derweil zum Defibrillator.
Zunächst neigte Häggman den Kopf des Bewusstlosen leicht nach hinten, um die Atemwege freizubekommen. Dann begann er mit der Herzdruck-
massage. „Atmen Sie“, flehte Häggman den älteren Mann leise an. Dann sah er, dass sich dessen Bauchdecke bewegte. Ein gutes Zeichen. Er drückte weiter auf das Brustbein des Patienten und trat dann zurück, als die Bademeister mit dem Defibrillator ankamen und damit begannen, gezielte Stromstöße zur Wiederbelebung einzusetzen.
Häggman ging derweil zu seiner Tochter und gemeinsam verließen sie das Schwimmbad; er wollte nicht, dass sie noch mehr miterlebte. Auf dem Heimweg machte er sich Sorgen, dass seine Erste-Hilfe-Maßnahmen nicht ausgereicht haben könnten.
Gute Nachricht: Der Mann hat überlebt
Später am Abend erhielt Häggman einen Anruf von einem Bekannten aus dem Schwimmbad mit einer guten Nachricht: Der Mann war am Leben und ein Rettungshubschrauber hatte ihn ins Krankenhaus gebracht. Häggman war klar, dass er nach einem solch traumatischen Ereignis mit jemandem darüber sprechen musste. Er rief einen befreundeten Krankenpfleger an, und dieser hörte ihm zu. Noch viele Stunden nach dem Vorfall dachte Häggman über das Geschehen nach und hoffte, dass der Mann überlebt hatte. Einige Tage später erhielt er beim Mittagessen eine Textnachricht von einer ihm unbekannten Nummer. Aber er erkannte schnell, wer sich meldete: „Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe. Mir geht es gut.“
Der Mann aus dem Schwimmbad (der nicht namentlich genannt werden möchte) erzählte Häggman, dass sein Herz 13 Minuten lang aufgehört hatte zu schlagen. Die Männer sind seitdem in Kontakt geblieben. „Es war wichtig, ihn zu sehen“, sagt Häggman.
Der Rettungsdienst zeichnete Häggman mit einer Ehrenurkunde aus, aber er betont, dass mehrere zusammenarbeiten mussten, um den Mann zu retten. „Wäre ich allein gewesen, hätte ich nichts tun können. In der Tat spielte der Defibrillator eine große Rolle. Je nachdem, wo Sie leben, können Sie vielleicht eine App auf Ihr Handy laden, mit der Sie den nächstgelegenen öffentlich zugänglichen Defibrillator finden können. Solche Informationen können sich als lebensrettend erweisen.“ Die Wiederbelebung durch Laien ist jedoch von entscheidender Bedeutung, da Sanitäter in den ersten Minuten eines Notfalls selten anwesend sind. Je früher mit der Wiederbelebung begonnen wird, desto größer ist die Überlebenschance. Jere Häggman rät allen: „Haben Sie keine Angst, die HLW zu erlernen und einzusetzen.“





