Menschen

Autor: John G. Hubbel

"Mach’s gut, Junge!“

Der wehmütige Augenblick, der allen Eltern bevorsteht, kommt immer zu früh.

Ein Vater und sein kleiner Sohn spielen miteinander im Sonnenuntergang. Der Vater wirbelt den Sohn durch die Luft.

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©iStockphoto.com / Nadezhda1906

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"Jetzt wird es aber Zeit für mich.“ Er sagte es zu sich selbst; die gemurmel­ten Worte galten weder seiner Mutter noch mir. Bedauern und Verwunderung klangen daraus, als sei ihm nicht klar gewesen, dass die Stunde des Abschieds je kommen werde. Es war ein strahlender Oktober­morgen. Im Frühjahr hatte er sein Studium abgeschlossen, den ganzen Sommer nach einer Stellung gesucht und sie dann 3000 Kilometer entfernt gefunden. Gestern hatte er uns freudig mitgeteilt, dass er und seine Freundin Kathy heiraten wollen. Und nun waren wir eben damit fertig geworden, alles in sein Auto zu laden. Er musste nun wirklich aufbrechen. 
Trotzdem konnte ich nicht so recht daran glauben. Schließlich war er doch unser Sohn! Er war immer da gewesen! Wie war es möglich, dass er plötzlich erwachsen war und so weit fortzog? 

Als ich ihn zum ersten Mal durch die Glasscheibe der Säuglingsabteilung in der Entbindungsstation sah, war das für mich wie ein Wunder. So ähnlich empfand ich jetzt, während ich zu dem großen, gut aussehenden, selbstsicheren jungen Mann hochblickte, unserem Ältesten. Habe ich mein Versprechen von damals gehalten, ihm mein Bestes zu geben? War da noch irgendetwas Wichtiges, was ich für ihn tun oder ihm sagen konnte? Nein, und wenn, war es dazu jetzt zu spät. 
Allein ging er langsam durch den Vorgarten, wo er und ich so manchen Ball malträtiert und wo er und seine Brüder beim Cowboy-und-Indianer-Spiel den Rasen ruiniert hatten. Mit einem langen Blick betrachtete er alles, um es sich einzuprägen.

Auch ich blickte zurück und entdeckte manches, was mir zu der Zeit, als es geschah, entgangen war (...)

 

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