Das badische Schlaraffenland
Jede Menge Sonne, fruchtbare Böden und eine genussfreudige Seele: Badens Küche vereint natürlichen Reichtum mit vielfältigen Einflüssen.

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Wenn es das Schlaraffenland wirklich gäbe, dann würde es in Deutschlands Südwesten liegen – einem Land, in dem nicht nur der Wein von der Sonne verwöhnt wird, sondern auch die fruchtbaren Böden, auf denen Spargel und Salat, Äpfel und Trauben und vieles, vieles mehr das ganze Jahr dem Genuss entgegenreifen. Und der wird großgeschrieben zwischen Heidelberg und Freiburg, dem Schwarzwald und dem französischen Elsass, der Schweiz und der Pfalz, Schwaben und Bodensee. Baden, der westliche Teil von Baden-Württemberg, hat viele Nachbarn, und sie alle mischen in einer Regionalküche mit, die in Deutschland ihresgleichen sucht.
Schwarzwälder Schinken und Kirschen aus der Ortenau
Die Vielfalt der badischen Küche zeigt sich in den Zutaten aus den unterschiedlichsten Gegenden: Fisch aus dem Bodensee und den Flüssen der Oberrheinischen Tiefebene, Schinken aus dem Schwarzwald, Grünkern aus Nordbaden, dazu gezüchtete Schnecken, Wild- und anderes Fleisch, Erdbeeren, Heidelbeeren und Kirschen aus der Ortenau.
Dies alles, der natürliche Reichtum, das milde Klima und der Einfluss der nachbarlichen Küchen, haben Rezepte hervorgebracht, die über Jahrhunderte von den genussfreudigen Badenern immer weiter verfeinert wurden. Selbst probieren kann man sie in den vielen exzellenten Restaurants der Gegend, darunter die mit zwei Michelinsternen gekrönten Häuser Ophelia in Konstanz, Opus V in Mannheim und Ösch Noir in Donaueschingen.
So hochklassig muss es aber gar nicht sein, denn die regionale Küche gibt sich gerne bodenständig. Einer ihrer Klassiker: Badisches Schäufele. Zur geräucherten und gepökelten Schweineschulter, die im Weißweinsud gegart wurde, gibt’s Kartoffelsalat – der aber von einem strikten Tabu begleitet wird: Nie und unter gar keinen Umständen darf er Mayonnaise enthalten. Nur sanft gedünstete Zwiebeln, Essig, Öl, Gewürze und Brühe, die langsam von den Kartoffeln aufgesogen wird. Goldgelb ist der Salat dann und eine ebenso beliebte Beilage wie Schupfnudeln, die aus Kartoffeln und Mehl gemacht und auch mal mit Sauerkraut gebraten werden.
Namen mit Heimatgefühl: Brägele, Kratzete und Flädle
Oder, ebenfalls ganz typisch, der Rehrücken Baden-Baden, der – idealerweise mit Schwarzwälder Schinken belegt – im Ofen gart und samt gedünsteten, mit Johannisbeergelee gefüllten Birnenhälften serviert wird. Die dazu gereichten Spätzle werden in Baden gepresst, während sie in Württemberg traditionell geschabt gehören. Die Badener schwelgen außerdem in Brägele mit Bibeliskäs (Bratkartoffeln mit Kräuterquark, gerne auch zu Wurstsalat), sie essen zu Spargel Kratzete (zerrissene Pfannkuchen), genießen Flädlesuppe (in Streifen geschnittene Pfannkuchen in heißer Brühe mit Schnitt-
lauch) oder sauer zubereitete Nierle oder, ganz schweizerisch, Läberli (Räucherleber). Aus Frankreich kommen die badische Schneckensuppe, der Flammkuchen und die Forelle Müllerin, die Truite meunière, die vor dem Braten durch Mehl gezogen wird.
Und zum Schluss? Darf man all die himmlischen Süßspeisen nicht vergessen, etwa Apfelküchle, Ofenschlupfer oder Kirschplotzer, der auch mal den Hauptgang ersetzt. Über allem thront natürlich die Schwarzwälder Kirschtorte. Sie darf in ihrer sahnigen Pracht getrost als die Königin des badischen Schlaraffenlands bezeichnet werden.