Ruhrpott: Zwischen Kohle und Kultur

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Frank Switala ist ein echtes Kind des Kohlenpotts. Der eine Großvater war Bergmann, sein anderer Opa, ein gelernter Drogist, schuftete am Hochofen. Oft erzählte er dem Enkel vom Hochofen VI, dabei gab es nur fünf. Frank Switala, Jahrgang 1965, lacht: „Erst viel später habe ich erfahren, dass Ofen VI die Bezeichnung für eine Kneipe war, in der Opa Bier und Korn trank.“ Der erfahrene Gästeführer trifft seine Besucher gerne vor dem Rathaus am Mercatorbrunnen in seiner Heimatstadt Duisburg. Hier war einst das Zentrum der Stadt, und der Handel an den Ufern des Rheins florierte. Etwa im Jahr 1000 verlagerte der Fluss bei einem verheerenden Hochwasser sein Bett westwärts. Der Handelsplatz verkam zu einem kleinen Ackerstädtchen. Erst auf Initiative der Duisburger Kaufmannschaft wurde im 19. Jahrhundert ein mehr als sechs Meter breiter Kanal gebaut. Kohlen-, Tabak-, Holz-, und Getreidehändler mit ihren Silos und Speichern siedelten sich am neuen Binnenhafen an. Heute wird hier allerdings nicht mehr gehandelt.
Die beiden Seiten des Kanals wurden zu einem modernen Wohn-, Arbeits- und Kulturerlebnisraum umgestaltet. Die alte Küppersmühle beherbergt moderne Kunst, das Kultur- und Stadthistorische Museum zeigt in einer Schatzkammer den ersten Atlas der Welt. Der große Kartograf und Universalgelehrte Gerhard Mercator, der mehr als 40 Jahre in Duisburg lebte, hat ihn 1595 angefertigt.
Frank Switalas Lieblingsplatz aber ist der Portsmouth-Damm. Hier steht er oft und schaut den Kanal hinunter: „Die alten Kräne am Ufer zeugen von der lebendigen Vergangenheit dieses Orts. Das ganze Viertel ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Ruhrgebiet schon mehr als einen Strukturwandel erfolgreich gemeistert hat.“
Wir sind unterwegs auf der „Route der Industriekultur“: In der Vergangenheit bestimmten Stahl und Kohle den Werdegang dieser Region. Im Westen Nordrhein-Westfalens bilden die Großstädte Duisburg, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Essen, Gelsenkirchen, Bochum und Dortmund eine eng miteinander verflochtene Städtelandschaft. Auf 400 Kilometern zeigt diese imposante Themenstraße Kohle fördernde Zechen, Aushubhalden, Fördertürme und schmuck hergerichtete Arbeitersiedlungen. Jede einzelne Anlage bezeugt die 150 Jahre währende Dominanz von Kohle und Stahl.
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es hier (...)
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