Essen und Trinken

Autor: Lucy Wildman

Tajine, der würzige marokkanische Eintopf

Couscous ist vielleicht das bekannteste marokkanische Lebensmittel, aber es dient in dem Königreich nur als Beilage zu dem süßen, würzigen, langsam gekochten und köstlichen Eintopf namens Tajine.

Eine Gemüse-Tajine im traditionell geformten marokkanischen Topf steht auf einem Tisch

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©istockfoto.com / tbralnina

Dieses Gericht steht auf den Speisekarten nordafrikanischer Restaurants auf der ganzen Welt. „Es fängt die Essenz so vieler traditioneller Aromen ein“, erklärt Ghillie Bas¸an, Autor mehrerer Bücher über die nordafrikanische Küche. Die erste schriftliche Erwähnung eines Tajine-ähnlichen Gerichts findet man in 1001 Nacht, der berühmten Sammlung arabischer Volksmärchen aus dem neunten Jahrhundert. Die Wurzeln des Gerichts liegen in den von Berbern bewohnten Regionen Nordafrikas; das berberische Wort für „flacher, irdener Topf“ ist tazin. Heute bezeichnet der Begriff Tajine sowohl das Gefäß als auch das darin zubereitete Gericht. Unabhängig davon, ob die Hauptzutat Fleisch, Fisch oder Gemüse ist, wird die Basis der Tajine in der Regel in einem flachen Topf mit vielen Zwiebeln, Hülsenfrüchten wie Kichererbsen oder Linsen, Gewürzen wie Ingwer, Zimt, Safran und Paprika sowie scharfer Harissa-Paste zubereitet.

Der schwere, konische Deckel lässt den Dampf beim Garen kondensieren und sorgt so für einen sehr zarten Eintopf. Süße Zutaten wie Früchte und Honig werden erst gegen Ende des Kochvorgangs hinzugefügt. Laut Claudia Roden, der Autorin des Kochbuchs Arabesque: 180 orientalische Rezepte, ist die Ausgewogenheit von süß und salzig sehr wichtig. „Gerichte mit Zucker und Honig müssen genug Salz und Pfeffer enthalten, um die Süße abzumildern“, erläutert sie. Kurz vor dem Servieren können Sie das Gericht mit Zutaten wie Oliven und Petersilie garnieren.

Heute sind die belebten Souks (Marktviertel) marokkanischer Städte wie Fes und Marrakesch gesäumt von Ständen, an denen sich Tajine-Gefäße stapeln. Und auf dem Place Mohammed V. in der Hafenstadt Safi, Marokkos Hauptstadt der Töpferei, steht die größte Tajine der Welt. Sie wurde 1999 für ein von 200 Frauen gekochtes Essen mit zwölf Tonnen Sardinen hergestellt und ist 6,3 Meter breit sowie 5,5 Meter hoch. Man stelle sich nur mal die Größe des Topfes für das dazugehörende Couscous vor! Es gibt auch gusseiserne Tajine-Gefäße, aber traditionell wird Steingut verwendet. Puristen mögen übrigens lieber die unglasierte Version, da der poröse Ton nach und nach Aromen aufnimmt. Das verstärkt den Geschmack der Zutaten bei jedem Kochen. Wenn Sie gern mit bunt verzierten Tongefäßen kochen, sollten Sie beachten, dass die Muster möglicherweise der Hitze nicht standhalten. Eine aromatische und an exotische Länder erinnernde Tajine ist das perfekte Gericht, um Familie und Freunde an einem nasskalten Winterabend zu bewirten.