Gesundheit

Autor: Jen Babakhan, Lisa Marie Conklin, Jessica Migala

Die Anti-Migräne-Diät

Was Sie essen  (und was nicht) ist entscheidend. Neueste Forschung beschäftigt sich damit, welche Lebensmittel einer Migräne vorbeugen.
Die Anti-Migräne-Diät

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©istockfoto.com / seb_ra

Christy Nielson, 49, erinnert sich genau an ihren ersten Migräneanfall: Sie ging in die dritte Klasse. Die Schmerzen waren so schlimm, dass sie sich im Schulbus auf der Rückbank zusammenrollte. Zu Hause fand sie keine Worte, um ihren Eltern zu beschreiben, wie sich die Schmerzen anfühlten. Während der Pubertät wurden die Attacken immer heftiger. Mit Anfang 20 dachte sie, die Migräne würde sie ein Leben lang begleiten. Jahre später fand sie schließlich eine Lösung – in ihrer Küche.
Migräne ist eine neurologische Erkrankung mit unterschiedlichen Symp­tomen, darunter mittelstark bis stark pochende Kopfschmerzen, die mehrere Stunden oder Tage andauern. Weltweit leiden rund eine Milliarde Menschen an Migräne, so die Weltgesundheitsorganisation. Die Erkrankung ist zum Teil genetisch bedingt, wobei die Attacken scheinbar zufällig auftreten und durch bestimmte Reize ausgelöst werden.
„Jedes Gehirn funktioniert etwas anders, aber wir wissen, dass die auslösenden Faktoren meist eine Über­erregbarkeit der Hirnrinde hervor­rufen“, erklärt Danielle Wilhour, Assistenzprofessorin an der Fakultät für Neurologie der University of Colorado School of Medicine, USA. Die häufigsten Ursachen sind Alko­hol, Koffein, Salz, Schokolade und Zucker. Aber es gibt noch viele andere sogenannte Triggerfaktoren. Wissenschaftler entdecken immer neue Zusammenhänge. 2021 befasste sich eine brasilianische Studie damit, ob Obst- und Gemüsesorten Kopfschmerzen hervorrufen. Das Ergebnis? Wassermelonen lösten am häufigsten Kopfschmerzen aus – innerhalb von Minuten bei etwa 30 Prozent der Teilnehmer. Ein weiterer, weniger bekannter Trigger ist Gluten, ein Protein, das in Weizen, Gerste, Roggen und einigen anderen Getreidesorten enthalten ist. Gluten in Brot, Keksen, Nudeln oder Gewürzmischungen kann zu Verdauungsproblemen führen – und für Menschen mit Zöliakie gefährlich sein. Manchmal sind aber auch Kopfschmerzen ein Hinweis auf eine Glutenunverträglichkeit.
Bei Christy Nielson war Weizen einer der Übeltäter. Nachdem Medikamente ihr nicht mehr halfen, konsultierte sie Nicola McFadzean Ducharme, eine Ärztin für Naturheilverfahren in San Diego, USA. Die Ärztin befragte sie zu ihren Symp­tomen und testete sie auf Allergien. Während sie auf die Ergebnisse warteten, schlug die Ärztin ihrer Patientin eine Diät vor, die aus Obst, Gemüse und Fleisch bestand.
„Die ersten Wochen waren schwierig“, erinnert sich Nielson. „Aber am 13. Tag fühlte es sich an, als lichtete sich ein Schleier. Die Kopfschmerzen waren wie weggeblasen.“ Den Testergebnissen zufolge reagierte Nielson stark auf Eier und Weizen, die immer Teil ihrer Ernährung gewesen waren. Heute, sagt Nielson, gehören ihre Migräne­attacken der Geschichte an.
 

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Lebensmittel, die heilen

Neueste Forschungsprojekte befassen sich nicht mehr mit der Frage, welche Lebensmittel eine Migräne auslösen, sondern welche Lebensmittel und welche Ernährung einer Migräne vorbeugen oder sie lindern können. Eine 2021 veröffentlichte Studie der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde und der University of North Carolina at Chapel Hill ergab: Mehr Fisch- als Pflanzenöle zu essen, half Menschen, die Anzahl und die Intensität ihrer Migräneattacken zu verringern.
Bei den Teilnehmern, die einen geringeren Anteil an Pflanzenölen (Linolsäure/Omega-6-Fettsäuren) und einen höheren Anteil an Fettfischen (Omega-3-Fettsäuren) zu sich nahmen, verringerte sich die Gesamtzahl der Kopfschmerzstunden sowie die Zahl der Stunden mit schweren Kopfschmerzen pro Tag und der gesamten Kopfschmerztage pro Monat um 30 bis 40 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Fast ihr ganzes Leben hatte Tanya Kamka wöchentliche Migräneanfälle. Mit über 50 nahm sie an der Ernährungsstudie der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde teil und aß mehr Fisch. Das Ergebnis: Schon nach wenigen Monaten hatten ihre Migräne­attacken aufgehört. Auch nach Abschluss der Studie behielt sie diese Ernährungsweise bei. „Seit über zwei Jahren habe ich keine Migräne mehr, nicht einmal eine leichte“, sagt sie. Anderen hilft es, sich nur von Pflanzen zu ernähren. Letztes Jahr veröffentlichte die Fachzeitschrift British Medical Journal den Bericht über einen Patienten, der seine Ernährung umstellte und vegetarisch aß. Dies führte zu einer bemerkenswerten Linderung seiner Migräneanfälle.
Der 60-Jährige hatte zwölf Jahre lang unter Migräne gelitten, und kein Medikament hatte geholfen. Dann nahm er an einer Studie teil, die den Einfluss von Lebensmitteln auf Migräne klären sollte. Er stellte seine Kost um auf die LIFE-Ernährung (Low Inflammatory Foods Everyday – täglich wenig entzündungsfördernde Lebensmittel). Dazu gehören viel dunkelgrünes Blattgemüse wie Grünkohl und Spinat sowie Blaubeeren und Leinsamen.
Nach acht Wochen hatte der Mann nur noch eine Migräneattacke pro Monat – statt bisher 18 bis 24. Inzwischen ist er seit mehreren Jahren migränefrei. Ärzte glauben, dass die Diät sowohl die Triggerfaktoren ausschließen, als auch den Gehalt an Phytonährstoffen erhöhen kann, was sich vorteilhaft auf die Gesundheit auswirkt. Andere Patienten berichteten von einer Linderung durch ketogene oder fettarme Diäten. Da die Bestandteile dieser Ernährungspläne unterschiedlich sind und Menschen mit Migräne nicht alle gleich auf Nahrungsmittel reagieren, gilt: Was dem einen hilft, muss nicht bei allen funktionieren.


Ernährungs-Detektiv

Haben Sie den Verdacht, dass bestimmte Lebensmittel Ihre Migräne verursachen? Dann empfiehlt die US-amerikanische Stiftung National Headache Foundation, Buch darüber zu führen, welche Lebensmittel Sie wann essen und wann Ihre Kopfschmerzen auftreten. Haben Sie die auslösenden Faktoren ermittelt, probieren Sie aus, ob sich Ihre Kopfschmerzen durch den Verzicht auf diese Lebensmittel verringern oder sie ganz aufhören.
Streichen Sie nicht zu viele Lebensmittel aus Ihrer Ernährung, ohne dies mit Ihrem Arzt abzusprechen, denn sogenannte Eliminationsdiäten können zu Mangelernährung führen. Alternativ können Sie Fischöl in Ihre Ernährung aufnehmen oder versuchen, mehr pflanzliche Nahrungsmittel zu essen. Oder Sie experimentieren mit verschiedenen Diäten, um herauszufinden, ob die Migräne nach einer Umstellung Ihrer Essgewohnheiten endgültig verschwindet.

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