Fettzellen verursachen Krebs
Dass übergewichtige Menschen häufiger an Krebs erkranken als solche mit Normalgewicht, ist in vielen Studien gezeigt worden. Gilt das für alle Tumoren? Und welche Ursachen gibt es dafür?

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Zu diesen Fragen hielt Prof. Marc Martignoni von der Technischen Universität (TU) München einen Vortrag auf einem Krebskongress. Übergewichtige tragen ein erhöhtes Krebsrisiko; das gilt Studien zufolge für Krebs der Speiseröhre, der Bauchspeicheldrüse, der Leber, Nieren und des Dickdarms sowie der Gebärmutter und der Brust bei Frauen nach den Wechseljahren. Für diese Tumoren steigt das Risiko mit höherem Body-Mass-Index (BMI). Ein Normalgewicht besteht bei BMI-Werten zwischen 19 und 25; wer darüber liegt, gilt als übergewichtig, und ab einem Wert von 30 als adipös (fettleibig). Steigt der BMI um fünf Punkte, so lässt sich für Dickdarmkrebs ein 5 % höheres Risiko, für Tumoren der Speiseröhre oder der Gebärmutter ein um 50 % höheres Risiko berechnen. Für andere Tumoren hingegen spielt Übergewicht nur möglicherweise eine Rolle. Hierzu zählen Krebs von Magen, Gallenblase, Eierstock und Prostata sowie Tumoren im Rachen- und Mundraum.
Anhand neuer Erkenntnisse können Wissenschaftler nun noch genauer als bisher beschreiben, welche Mechanismen bei Übergewicht das Krebswachstum fördern können. Sodbrennen etwa tritt bei übergewichtigen Menschen stärker auf als bei schlankeren; schließlich drücken die Fettmassen im Bauchraum den Magen nach oben. Die bei Sodbrennen aus dem Magen aufsteigende Säure schädigt dabei permanent die empfindliche Speiseröhre und erhöht dadurch das Risiko, dass die Schleimhautzellen sich krebsartig verändern. Zu viele Fettzellen beeinflussen auch verschiedene Stoffwechselprozesse beim Menschen. Das Hormon Insulin zum Beispiel sorgt dafür, dass unsere Zellen Zucker aus dem Blut aufnehmen können – dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel auf gesunde Werte.
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Damit Insulin wirken kann, müssen die Zellen jedoch bestimmte Rezeptoren aufweisen, die gut auf Insulin reagieren. Funktioniert dies nicht so wie üblich, sprechen Mediziner von Insulinresistenz. Fettzellen erhöhen die Insulinresistenz vor allem, indem sie freie Fettsäuren absondern. Eine verminderte Wirkung des Insulins versucht der Körper dann durch erhöhte Insulinproduktion auszugleichen; und dies wiederum lässt Tumorzellen schneller wachsen und länger überleben. Fettzellen verursachen zudem eine chronische Entzündung in vielen Geweben, die man nicht bemerkt, die aber wie eine schwach glimmende Flamme auf Dauer doch Schaden anrichtet. Im Zuge dieser chronischen Inflammation setzen Immunzellen verschiedene Botenstoffe frei, von denen einige ebenfalls das Krebswachstum fördern. Auch der von Fettzellen gebildete Botenstoff Leptin wirkt in hohen Konzentrationen krebsfördernd.
Krebs und Darmbakterien
Das für die Gesundheit so wichtige Darmmikrobiom, die Gesamtheit der Bakterien im Darm, spielt auch bei der Krebsentstehung eine Rolle. Wer viel fett- und kohlenhydratreiche Nahrung isst, bietet den nützlichen Bakterien im Darm wenig zum Überleben – ein ungesundes Ungleichgewicht des Mikrobioms ist die Folge. Zudem fördert Übergewicht selbst offenbar das Wachstum „schädlicher“ Darmbakterien, die Stoffwechselprodukte produzieren können, die das Krebswachstum direkt ankurbeln. Und selbst bestimmte Immunzellen, die bei schlanken Menschen in neu entstehende Krebsnester eindringen und die bösartigen Zellen gezielt bekämpfen, sind bei Übergewichtigen geschwächt und können den Krebs nicht so gut in Schach halten. Fazit. Für alle Übergewichtigen ist es also grundsätzlich sinnvoll, nachhaltig abzunehmen. Wer allerdings bereits an Krebs erkrankt ist, sollte vorsichtig sein, warnte Prof. Martignoni: Eine Krebstherapie führt meist sowieso zu Gewichtsverlust und zu wenig Pfunde auf der Waage stehen einer Heilung eher im Weg. Wer nach einer ersten Krebstherapie aber weiterhin zu füllig ist, sollte in der Therapiepause darüber nachdenken, Gewicht zu verlieren: Ausgewogene Ernährung und vor allem mehr körperliche Bewegung tun dem gesamten Körper gut.