Maßgeschneiderte Parkinson-Therapie
Die Parkinsonkrankheit ist derzeit nicht heilbar, aber zunehmend individuell behandelbar.
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Die Parkinsonkrankheit beruht auf einem Mangel an Dopamin in bestimmten Hirnzellen, weshalb Dopamin seit Langem therapeutisch eingesetzt wird. Neue Empfehlungen informieren jedoch über noch besser auf den einzelnen Patienten abgestimmte Therapiemöglichkeiten mit verschiedenen Medikamenten gegen das Zittern und die Bewegungsstörungen, die das Dopamin ersetzen oder nachahmen. Eine große Belastung stellen aber auch plötzliche Bewegungslosigkeit (Off -Phasen) sowie zahlreiche Begleitsymptome wie kognitive Störungen oder Schwindel dar. Genau auf diese „Zusatzprobleme“ gehen die Experten in den neuen Empfehlungen, also der aktuellen Leitlinie zur Parkinsonkrankheit, ein.
Keine feste Altersgrenze für Therapiestart
Grundlegend neu ist z. B., so die Koordinatorin der Leitlinie, Prof. Claudia Trenkwalder aus Kassel, dass es keine feste Altersgrenze für den Therapiebeginn mit Levodopa bei Parkinson gibt. Während Ärzte früher bei jüngeren Patienten oft zunächst zögerten, das wirksame Levodopa zu verschreiben, wird jetzt ein noch individuelleres Vorgehen empfohlen. So sollte beispielsweise auch ein 50-jähriger Patient bei belastendem Zittern, Störungen der Feinmotorik oder Gangstörungen Levodopa erhalten, wenn es am besten wirkt. Vorzugsweise wird aber weiterhin zunächst ein Dopaminagonist oder ein sogenannter MAO-B-Hemmer eingesetzt – zunächst als Monotherapie. Dabei wird über einige Wochen beobachtet, ob das gewählte Medikament gegen die Beschwerden hilft, die den Patienten am meisten belasten. Wenn ein einzelnes Medikament nicht wirkt, kann ein zweites kombiniert werden. Auf die Gruppe der sogenannten Ergolin-Dopamin-Agonisten und Anticholinergika sollte jedoch verzichtet werden. Wichtig ist natürlich auch, die bekannten Nebenwirkungen zu beachten und die Medikamente entsprechend anzupassen.
Ein besonderes Problem sind die „Off -Phasen“: Manche Parkinson-Patienten können sich trotz Medikation plötzlich kaum noch bewegen, manchmal für längere Zeit. Hier helfen zusätzliche Bedarfsmedikamente, etwa Apomorphin, das als Tablette unter die Zunge gelegt und dort schnell resorbiert oder in die Haut gespritzt wird. Es gibt auch ein kleines Gerät, das wie eine Pumpe kontinuierlich Levodopa oder Apomorphin unter die Haut spritzt, um die Beweglichkeit konstanter zu halten.
Trotz dieser vielen Möglichkeiten der individuellen Medikation lässt die Wirkung bei Parkinson im Laufe der Jahre oft nach. Dann gibt es noch die Möglichkeit der tiefen Hirnstimulation, also der elektrischen Stimulation bestimmter Hirnregionen mithilfe kleinster Elektroden. Gerade jüngere Parkinsonpatienten sollten frühzeitig über diese Möglichkeit informiert werden, erklärt Trenkwalder, denn für sie könnte diese Therapieform in zehn oder 20 Jahren wichtig werden.
Früherer Therapiebeginn mit Medikamenten
Besonders wichtige Neuerungen der Leitlinie sind für die Expertin der frühere Therapiebeginn mit Medikamenten, wenn dies sinnvoll ist, sowie unter anderem genauere Empfehlungen bei Begleitsymptomen: Für die Behandlung von Verstopfung, sexuellen Problemen, Inkontinenz oder Blutdruckschwankungen werden konkrete Empfehlungen gegeben. Gegen den häufigen Schwindel beim Aufstehen durch zu niedrigen Blutdruck hilft zum Beispiel eine Bauchbinde besser als Kompressionsstrümpfe.
Natürlich müssen dann auch blutdrucksenkende Medikamente reduziert werden – und der Patient sollte täglich ausreichend trinken. Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung oder Physiotherapie seien neben der Medikation ganz wesentlich, so Trenkwalder. Sie treffe aber immer wieder auf vor allem jüngere Männer, die glauben, ihre Beschwerden allein durch mehr Bewegung und eine andere Ernährung in den Griff zu bekommen. Wenn es dann gelingt, die Patienten zu einem Versuch mit dem Medikament zu überreden, sind diese oft positiv überrascht. Hätten sie bereits zuvor vom guten Effekt gewusst, hätten viele schon früher mit der Medikation begonnen.





