Gesundheit

Autor: Lisa Fields

Neue Hilfe bei Sodbrennen

Neue Behandlungsmethoden können bei Sodbrennen und Reflux Linderung verschaffen.

Illustration: eine junge Frau hält sich die Hand auf die Brust, weil sie Sodbrennen hat

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©istockfoto.com / Tharakorn

Drei Jahre lang litt Murali Bharadwaj aus London unter Kopfschmerzen und Sodbrennen. Im Jahr 2019 erfuhr er endlich die Ursache seiner Beschwerden: gastroösophageale Reflux-Krankheit, eine chronische Erkrankung, bei der Magensäure in die Speiseröhre aufsteigt. Die Symptome traten immer dann auf, wenn Bharadwaj Bier trank oder spät abends noch etwas aß. „Ich hatte so starkes Sodbrennen, dass ich mich nicht mehr auf das konzentrieren konnte, was ich gerade tat, ob bei der Arbeit, beim Sport oder in einer Bar“, sagt der heute 41-Jährige. „Das Brennen in meinem Hals nahm mich vollständig in Beschlag.“

Er begann mit der Einnahme von Protonenpumpenhemmern (PPI), die eine Säureausschüttung im Magen unterdrücken. Doch das brachte ihm kaum Linderung. 2021 schlug sein Arzt einen Eingriff zur Verstärkung des unteren Speiseröhren-Schließmuskels vor, der als Ventil zwischen Magen und Speiseröhre fungiert. Bharadwaj war skeptisch, aber als er erfuhr, dass die transorale inzisionslose Fundoplikatio (TIF) ein nichtinvasiver Eingriff ist, der endoskopisch durch Mund und Speiseröhre erfolgt, stimmte er zu. Bei einer TIF wird ein kleiner Teil des oberen Magens unten um die Speiseröhre befestigt. Nach dem Eingriff verbesserte sich Bharadwajs Lebensqualität, und er musste nicht mehr so häufig Magensäureblocker einnehmen. „Früher habe ich sie mindestens einmal am Tag genommen. Jetzt greife ich nur noch dreimal pro Woche darauf zurück. Manchmal habe ich zwar noch Sodbrennen, aber weniger häufig und weniger stark. Damit kann ich viel besser umgehen“, sagt Bharadwaj.

 

Viele Menschen leiden an der Reflux-Krankheit

An gastroösophagealer Reflux-Krankheit (auch chronischer Säurereflux genannt) leiden in Europa bis zu 25 Prozent der Bevölkerung. Magensäure, die wiederholt in die Speiseröhre gelangt, kann das empfindliche Gewebe schädigen, was mit der Zeit zu Blutungen oder Geschwüren führt. Zu den Komplikationen gehört eine Verengung der Speiseröhre aufgrund von immer neuer Narbenbildung. Dies kann das Schlucken erschweren oder ein Barrett-Ösophagus bewirken, eine dauerhafte Schleimhautveränderung im unteren Abschnitt der Speiseröhre, die in sehr seltenen Fällen Krebs verursacht.

Viele Menschen leiden gelegentlich unter saurem Aufstoßen, meist nach übermäßigem Genuss von Alkohol oder bestimmten Lebensmitteln. Die überwiegende Mehrheit sucht deswegen keinen Arzt auf. „Lästige Symptome lassen sich mit einer Veränderung der Lebensgewohnheiten oder rezeptfreien Mitteln zur Neutralisierung der Magensäure in den Griff bekommen“, sagt Dr. Arjan Bredenoord, Gastroenterologe an den University Medical Centers Amsterdam, Niederlande.

Das gilt jedoch nicht für die Reflux-Krankheit. Betroffene leiden mindestens dreimal pro Woche unter Sodbrennen, Aufstoßen, chronischem Husten, Heiserkeit oder Brustschmerzen. Häufig haben sie auch einen Zwerchfellbruch. Dabei verlagern sich Teile des Magens durch eine Öffnung im Zwerchfell in den Brustraum, wodurch Mageninhalt leichter in die Speiseröhre fließen kann. „Die typischen Symptome der Reflux-Krankheit sind Sodbrennen und Aufstoßen“, erläutert Dr. Edoardo Savarino, Assistenzprofessor für Gastroenterologie an der Universität Padua, Italien. Eine Diagnose ist nach einer oberen Endoskopie zur Untersuchung der Speiseröhre möglich. Ist der Befund unauffällig, können weitere Tests durchgeführt werden, etwa eine kathetergestützte pH-Metrie-Impedanz-Messung oder eine drahtlose Säuremessung.

  

Die richtige Diagnose ist entscheidend

Handelt es sich nämlich nicht um die Reflux-Krankheit, hilft auch keine Reflux-Therapie. Das Leiden könnte auch auf Oberbauchbeschwerden (Dyspepsie), ein Geschwür oder auf eine Gastroparese zurückzuführen sein, bei welcher der Nahrungsbrei aus dem Magen zu langsam in den Dünndarm gelangt. Etwa 10 Prozent derjenigen, die an Reflux leiden, entwickeln ein Barrett-Ösophagus. „Damit sollte man alle zwei bis drei Jahre eine Endoskopie durchführen lassen, um mögliche Veränderungen festzustellen und frühzeitig zu behandeln“, sagt Dr. Rami Sweis, Gastroenterologe am University College Hospital in London, Großbritannien. Wird Krebs oder eine Krebsvorstufe entdeckt, kann die Behandlung laut Dr. Sweis durch das Endoskop erfolgen.

Nach einer Reflux-Diagnose verschreiben Ärzte in der Regel PPI. H2-Blocker, eine andere Art von Säurehemmern, sind weniger wirksam. „Säurekontrolle bringt den meisten Patienten eine deutliche Linderung ihrer Symptome und hat offenbar keine negativen Auswirkungen auf den Verdauungsprozess“, sagt Dr. Jan Tack, der an der KU Leuven in Belgien gastrointestinale Störungen erforscht. Um zu verhindern, dass Magensäure in die Speiseröhre gelangt, empfehlen Ärzte auch, die Lebensgewohnheiten zu ändern: Es kann hilfreich sein, abzunehmen, zwei bis vier Stunden vor dem Schlafengehen nichts mehr zu essen, keine enganliegende Kleidung zu tragen und mit erhöhtem Kopf zu schlafen (spezielle Keilkissen werden unter das normale Kopfkissen gelegt). „Bei vielleicht 75 Prozent der Patienten mit Reflux sind Änderungen der Lebensgewohnheiten zusammen mit einer medikamentösen Therapie sehr erfolgreich“, berichtet Dr. Sebastian Schoppmann, Leiter der Abteilung für Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltrakts an der Medizinischen Universität Wien, Österreich.

 

Neue Behandlungsmethoden 

1.) Fundoplikatio

Manche Reflux-Patienten suchen nach weiteren Behandlungsmöglichkeiten, weil Medikamente ihre Beschwerden nicht ausreichend lindern, wie bei Bharadwaj, oder wegen unerwünschter Nebenwirkungen. Die gute Nachricht ist, dass in den letzten Jahren neue Behandlungen entwickelt wurden. „Grund dafür ist, dass es nicht die eine perfekte Lösung für alle Fälle gibt“, so Dr. Paul Goldsmith, gastroenterologischer Chirurg an der Manchester University NHS Foundation Trust in Großbritannien. Einige dieser Optionen stellen wir Ihnen hier vor: Fundoplikatio.

Die Fundoplikatio ist die häufigste Behandlung zur Stärkung des Ventils zwischen Speiseröhre und Magen. Sie wird bei einer Bauchspiegelung durchgeführt. Eine offene Operation, bei welcher der Zugang über einen großen Schnitt erfolgt, ist in der Regel nicht erforderlich. Der Chirurg setzt mehrere kleine Schnitte im Bauchraum und führt die Operationswerkzeuge und eine kleine Kamera ein. 
Der Zwerchfellbruch wird behoben, indem der obere Teil des Magens zurück an seinen Platz unterhalb des Zwerchfells gebracht wird. Anschließend wird ein Teil des oberen Magens um den unteren Abschnitt der Speiseröhre gefaltet, wodurch deren Ventilfunktion gestärkt und das Risiko verringert wird, dass Magensäure in die Speiseröhre aufsteigt.

In der Vergangenheit umschlossen die Chirurgen die Speiseröhre um 360 Grad. Doch das war oft zu eng, weil die Nahrung nicht mehr so leicht die Speiseröhre hinuntergleiten konnte und einige Patienten Schwierigkeiten beim Aufstoßen oder Erbrechen hatten. Manche hatten auch Probleme beim Schlucken der Nahrung. Heute umschließen Chirurgen die Speiseröhre wahlweise zu 270 Grad oder 180 Grad. Damit können die Symptome reduziert werden, ohne zusätzliche Beschwerden zu verursachen.
Dr. Radu Tutuian, Chefarzt der Gastroenterologie am Bürgerspital Solothurn in der Schweiz, erinnert sich an einen Patienten in seinen 60ern, der von Sodbrennen, Aufstoßen und chronischem Husten geplagt war. Nach einer Fundoplikatio verschwanden die meisten Symptome. Er hatte jedoch Schluckbeschwerden und war während der Genesung nicht in der Lage, vollständige Mahlzeiten zu sich zu nehmen. „Ein paar Wochen lang fühlte er sich sehr unwohl“, sagt Tutuian. „Aber er meinte: ‚So wie vorher will ich nicht mehr leben, mit dem Sodbrennen und dem Husten.‘ Es ging ihm besser, und er brauchte keine Magensäureblocker mehr. Er hatte also sein Ziel erreicht.“

 

2.) Transorale inzisionslose Fundoplikatio (TIF)

Dies ist eine Variante der Fundoplikatio, die Chirurgen endoskopisch durchführen, indem sie eine Kamera und Instrumente durch Mund und Speiseröhre in den oberen Magen einführen. Sie kommt für Patienten mit einem leichten Zwerchfellbruch infrage. Am unteren Speiseröhrenschließmuskel wird eine Barriere geschaffen, indem ein Teil des oberen Magens doppelt gefaltet und fixiert wird. Dr. Jan Tack war an einer Studie über die Behandlung beteiligt, die 2015 in der Fachzeitschrift Alimentary Pharmacology and Therapeutics veröffentlicht wurde. Ihm zufolge waren 59 Prozent der mit einem TIF-Verfahren behandelten Patienten nach sechs Monaten symptomfrei und mussten keine Säureblocker mehr einnehmen.

 

3.) Stretta

Bei diesem ebenfalls endoskopischen Verfahren führen die Chirurgen eine Kamera und einen Katheter über Mund und Speiseröhre ein, um Hochfrequenzenergie in die Speiseröhrenwand in der Nähe des Mageneingangs zu leiten. „Mit der Zeit soll damit der Schließmuskel gestärkt werden“, sagt Tack. „Es gibt Hinweise auf eine Anti-Reflux-Wirkung, die auf Messungen des Drucks im Schließmuskel beruhen. Die Wirkung ist jedoch nicht signifikant und reicht nicht an die Wirksamkeit der Fundoplikatio heran.“

  

4.) LINX-Reflux-Management-System

Bei diesem Verfahren mittels Bauchspiegelung wird ein Band aus kleinen magnetischen Titankugeln um den unteren Speiseröhren-Schließmuskel gelegt. Aufgrund der magnetischen Anziehung zwischen den Kugeln wird der Muskel verschlossen und Magensäure kann nicht in die Speiseröhre aufsteigen. Durch die Schluckbewegung erweitert sich das Band beim Essen, und die Nahrung kann von der Speiseröhre in den Magen gelangen.
Während die meisten anderen Verfahren irreversibel sind, kann das LINX-System – falls erforderlich – später wieder entfernt werden. Auch ein Zwerchfellbruch kann während dieses Eingriffs behoben werden. Noch vor einigen Jahren gab es Probleme mit diesem System, da sich die Kugeln verschoben. Doch neuere Versionen passen besser und sind auch leichter, sodass das Risiko eines Verschiebens deutlich geringer ist.

 

5.) RefluxStop

Bei dem Verfahren, das ebenso per Bauchspiegelung und unter Vollnarkose durchgeführt wird, beheben die Chirurgen zunächst einen Zwerchfellbruch und setzen dann ein kugelförmiges Implantat von der Größe eines Tischtennisballs in den oberen Magen ein, um ein erneutes Hochrutschen zu verhindern. „So wird die natürliche Anatomie, wie sie vor dem Reflux-Leiden war, wiederhergestellt“, sagt Goldsmith.
RefluxStop ist die neueste Reflux-Behandlung, und die Forscher verfügen erst über Sicherheitsdaten aus zwei bis drei Jahren. Auch dieses Verfahren ist reversibel. Es könnte Menschen ansprechen, die befürchten, dass eine Verengung des unteren Speiseröhren-Schließmuskels Schluckbeschwerden verursacht.

 

Der Nutzen von Reflux-Therapien ist jedoch nicht unbedingt von Dauer. „Es handelt sich um Weichgewebe, das sich bewegt“, sagt Sweis. Die neue Struktur kann sich also mit der Zeit verändern, zum Beispiel durch das Schlucken. Nach fünf oder zehn Jahren müssen manche Patienten wieder PPI einnehmen, wenn ihre Symptome zurückkehren. „Eine Reflux-Therapie ist keine Garantie dafür, dass man 30 Jahre lang ohne Protonenpumpenhemmer leben kann“, so Dr. Ian Gralnek, Leiter der Gastroenterologie am Emek Medical Center in Afula, Israel, und Präsident der Europäischen Gesellschaft für Gastrointestinale Endoskopie. In einigen Jahren können europäische Ärzte möglicherweise kalium-kompetitive Säureblocker (P-CAB) zur Behandlung von Reflux verschreiben. Das in Japan und Korea zugelassene Medikament neutralisiert Magensäure wirkungsvoller als PPI. „Die Magensäure wird länger blockiert“, erklärt Savarino. „PPI muss man eine Stunde vor den Mahlzeiten einnehmen, P-CAB kann man auch dann noch schlucken, wenn man gerade gegessen hat.“ Eine andere mögliche Therapie könnte die Symptome auf eine neuartige Weise lindern. „Einige Wissenschaftler untersuchen, wie die Speiseröhren-Schleimhaut so gestärkt werden kann, dass sie weniger empfindlich wird“, sagt Dr. Jan Tack. „Dieses Verfahren muss jedoch noch weiter erforscht werden.“

 

 

Die Auslöser für Reflux

Bei vielen Menschen führen bestimmte Lebensmittel oder Getränke zu Reflux, insbesondere Säurehaltiges, Gebratenes, Koffein, kohlensäurehaltige Getränke und Alkohol. Häufige Auslöser sind Pizza, Wurst, Käse, Tomaten, Speck, Zitrusfrüchte, Schokolade, Pfefferminze und alles, was Chilischoten oder schwarzen Pfeffer enthält.     Wenn Sie Ihre Auslöser kennen und meiden, können Sie die Beschwerden verringern. Laut Dr. Radu Tutuian spielt es zudem eine Rolle, wie viel und wann Sie essen. Indem Sie kleinere Portionen zu sich nehmen und späte Mahlzeiten am Abend vermeiden, können Sie die Symptome lindern.