Gesundheit

Autor: Sydney Loney

So machen Sie Ihre Füße glücklich

Unsere Füße tragen uns durchs Leben. Darum haben sie unbedingt ein bisschen Liebe und Fürsorge verdient.

Ein Mann geht mit bloßen Füßen über Holzpfähle auf einem Barfußpfad

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©istockfotos.com / Natalya Ugryumova

Gehen. Wandern. Joggen. Radfahren. Ohne unsere Füße können wir nichts davon – es sei denn, wir nutzen Hilfsmittel. Ein guter Teil unserer Lebensqualität ist mit körperlicher Aktivität verbunden. Warum also vernachlässigen so viele Menschen diese Extremitäten, die dafür nahezu unverzichtbar sind?

Spanische Wissenschaftler zeigten sich in einer Studie 2021 besorgt über die Zunahme von Fußleiden. Denn ein schlechter Zustand der Füße wirkt sich nicht nur auf die körperliche Aktivität, sondern auch auf die Gesundheit insgesamt aus. „Fußleiden können die Lebensqualität schmälern, zu Gleichgewichtsstörungen führen und das Sturzrisiko erhöhen“, schreiben die Wissenschaftler in der Zeitschrift Scientific Reports. „All dies kann unseren Alltag beeinträchtigen und sogar dazu führen, dass Betroffene das Haus nicht mehr verlassen.“

 

Ballenzeh und andere Leiden

Schränken Fußschmerzen Ihre Aktivitäten ein und halten länger als eine Woche an, sollten Sie einen Podologen (Fußpfleger) oder Orthopäden aufsuchen, rät Paul Langer, Sportmediziner im US-Bundesstaat Minnesota. Hartley Miltchin, Fußspezialist aus Toronto, Kanada, der sich selbst als „Ballenzeh-König“ bezeichnet, ergänzt: „Wenn die Füße – das Fundament des Körpers – nicht richtig funktionieren, bringen sie alles andere durcheinander. Sie sind der Untergrund. Wenn sich der Erdboden verformt, wird der Turm schief – wie in Pisa.“ Der Ballenzeh oder Hallux valgus ist eines der häufigsten Fußleiden, das Menschen daran hindert, ein aktives Leben zu führen. Fast jeder Dritte ist davon betroffen. Dabei handelt es sich um eine Verformung des Mittelfußknochens, durch die es zu einer Fehlstellung des großen Zehs kommt. Dieser dreht sich in Richtung der kleineren Zehen, der Ballen wölbt sich seitlich vor.

Troy Gubb war sein Leben lang aktiv, aber vor etwa zehn Jahren, mit Anfang 40, entwickelte sich an seinem linken Fuß ein Hallux valgus. Wenn der Manager aus Toronto nach Eishockeyspielen die Schlittschuhe auszog, war sein Fuß rot und entzündet, nach einer Runde Golf pochte er. Erst musste Gubb Eishockey aufgeben, dann Golf, dann das Laufen. Am Ende konnte er nicht einmal mehr mit Carl, dem Hund der Familie, spazieren gehen. „Vergangenen Herbst konnte ich nur noch mit einer Krücke herumhumpeln und meinen Fuß nicht mehr belasten“, erzählt Gubb. Er begann nach mögliche Behandlungen zu suchen.

Das Leiden wird in der Regel durch eine Kombination aus genetischer Veranlagung und ungeeignetem Schuhwerk verursacht, so Dr. Kathleen Gartke, leitende Ärztin am Ottawa Hospital, Kanada. Als orthopädische Chirurgin hat sie schon viele Hallux-valgus-Operationen durchgeführt. „Mode ist nicht gut für die Füße“, sagt sie. Das Tragen von engen oder vorn schmal geschnittenen Schuhen, hohen Absätzen oder Schuhen ohne Fußbett sei ab und zu in Ordnung, aber „nicht jeden Tag und nicht den ganzen Tag lang“.

Bildet sich an der Basis Ihres großen Zehs ein knöcherner Ballen, sollten Sie öfter Schuhe tragen, die Ihre Zehen nicht einengen. Darüber hinaus empfiehlt Gartke, zwischen dem großen und dem zweiten Zeh einen Zehenspreizer zu tragen, um die Zehen gerade zu halten. Damit können Sie auch feststellen, welche Schuhe Sie meiden sollten: alle, die sich mit Zehenspreizer eng anfühlen.

Häufig verschlimmert sich ein Ballenzeh mit der Zeit. Wird die Fehlstellung so schmerzhaft, dass sie Ihr tägliches Leben beeinträchtigt, sollten Sie eine Operation ins Auge fassen. „Hallux valgus ist nicht gleich Hallux valgus, und es gibt Dutzende von verschiedenen Verfahren“, sagt Gartke.

Bei den gängigsten davon durchtrennt der Chirurg den ersten Mittelfußknochen, häufig auch das Grundglied des Großzehs, um diesen neu auszurichten, und setzt Stifte oder Schrauben ein, welche die Knochenfragmente fixieren. Meist bleibt der Patient ein paar Tage im Krankenhaus. Die Operation kann aber auch ambulant durchgeführt werden. Bis Schwellungen und Druckschmerz verschwinden, dauert es je nach Verfahren und Schwere des Leidens vier bis sechs Monate.

Gubb ließ sich den Hallux valgus von „Ballenzeh-König“ Miltchin entfernen, mit einem von diesem entwickelten minimalinvasiven Verfahren, bei dem die Genesung schneller verläuft. Miltchin setzt mit Präzisionsinstrumenten kleine Schnitte in den Knochen, um den großen Zeh auszurichten. Bereits sechs Wochen nach seiner Operation im April 2022 konnte Gubb wieder Golf spielen. Im Sommer lief – und gewann – er Amateurrennen, ein paar Monate später spielte er wieder Eishockey und lief mit seinen Töchtern Schlittschuh. Er bedauert, dass er sich nicht zehn Jahre früher um seine schmerzenden Füßen gekümmert hat.

 

Fersensporn, Achillessehnenentzündung & Co.

Neben Ballenzehen gehören Plantarfasziitis, Achillessehnenentzündung und Arthrose zu den häufigsten Ursachen für Fußschmerzen, die Menschen in seine Klinik führen, erklärt Sportmediziner Langer. Die Plantarfasziitis – auch Fersensporn genannt – verursacht einen stechenden Schmerz in der Ferse. Besonders häufig betroffen sind Läufer und Tänzer. Ausgelöst wird der Schmerz durch eine Entzündung der Faszienplatte unter der Fußsohle – der Plantarfaszie –, welche die Ferse mit den Zehen verbindet. Die Entzündung selbst kann Ergebnis von Mikrorissen in diesem Gewebe sein. Gerade Menschen, die eine Überpronation haben, das heißt deren Fuß beim Abrollen übermäßig nach innen kippt, sind gefährdet, weil dadurch ein besonders starker Zug auf die Platte wirkt. Bisweilen schaffen bereits im Einzelhandel erhältliche Einlegesohlen Abhilfe, welche die Plantarfaszie entlasten. Funktioniert das nicht, kommen oft Orthesen zum Einsatz, die den Fuß stabilisieren sollen. Dehnen, Kühlen und krankengymnastische Übungen eignen sich ebenfalls zur Behandlung.

Die schmerzhafte Achillessehnenentzündung entsteht durch Überlastung der namensgebenden Sehne. Sie verbindet die Wadenmuskeln mit dem Fersenbein. Hilfreich sind Ruhe und Schmerzmittel, ebenso wie Dehn- und Kräftigungsübungen. Auch Einlagen, welche die Ferse erhöhen, können die Sehne entlasten.

Ein weiterer häufiger Grund für Schmerzen in den Füßen ist Arthrose. Sie geht in der Regel auf Verschleiß zurück. „Jeder sechste über 50 hat Arthrose in den Füßen. Bei 33 Gelenken pro Fuß kann das ein Problem sein, das die Aktivität einschränkt“, sagt Experte Langer. Behandelt wird Arthrose mit Schmerzmitteln, Physiotherapie und Kortisonspritzen. Hilft alles nichts, kommt auch ein Gelenkersatz infrage.

 

So machen Sie Ihre Füße glücklich

Dahlia Fahmy, Physiotherapeutin in Chicago, USA, beschreibt den Körper als „kinetische Kette“. Jede Bewegung löst in unseren Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenken eine Kettenreaktion aus. „Wenn der Fuß auf den Boden auftritt, verändert sich im Körper alles andere. Ist die Funktion eines Fußes gestört, kann das dazu führen, dass alle nachfolgenden Kettenglieder nicht mehr richtig funktionieren“, sagt Fahmy. Der Schlüssel zu einem gesunden, stabilen Fuß sei die Kraft der Gesäßmuskeln und die Beweglichkeit in Hüften und Waden. „Unsere Füße brauchen die Hilfe ihrer Freunde von oben, um richtig zu funktionieren.“

Auch Experte Langer empfiehlt vielen seiner Patienten Übungen zur Stärkung von Waden-, Oberschenkel-, Gesäß- und Oberkörpermuskulatur. „Zahlreiche Studien belegen, dass starke Füße das Sturzrisiko verringern und dem natürlichen Muskelabbau entgegenwirken“, sagt er. Um die eigenen Füße fit zu halten, trainiert Langer seine Muskulatur mit Bergläufen und sogenanntem Zehen-Yoga. „Die Idee dahinter ist, zunächst die Fußmuskulatur zu aktivieren und diese Aktivierung nach und nach in anspruchsvollere Bewegungen zu integrieren. Das heißt zum Beispiel von der Sitzposition ins Stehen zu wechseln, dann auf einem Fuß stehen, hüpfen und laufen.“ Eine Ausgangsübung geht so: Belasten Sie im Stehen den großen und kleinen Zeh und die Ferse gleichmäßig. Heben Sie dann alle Zehen vom Boden ab, spreizen Sie sie so weit wie möglich und setzen sie dann nacheinander auf dem Boden auf.

Langer, der an mehr als 25 Marathonläufen teilgenommen hat, findet es faszinierend, wie uns unsere Füße durch die Welt tragen: „Wir denken nicht oft darüber nach, dass unsere Füße Sinnesorgane sind, aber sie senden eine enorme Menge an Informationen an unser Gehirn, damit wir das Gleichgewicht halten, uns an verschiedene Oberflächen anpassen und uns geschmeidig bewegen können.“

Der Experte erklärt, was passiert, wenn wir zum Beispiel auf einem weichen Sandstrand laufen: Ein sandiger Untergrund ist weniger stabil als Asphalt, deshalb benötigen wird darauf mehr Kraft. „Unsere Füße liefern die Sinnesreize, die es unserem Gehirn ermöglichen, die Muskelspannung in unseren Beinen und damit unsere Bewegungsmuster zu verändern und dem jeweiligen Untergrund anzupassen.“

Das Gehen im Freien hat gleich mehrere gesundheitliche Vorteile für unsere Füße. Einen der wichtigsten liefert die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit, so Langer. „Unebenes Gelände zwingt unsere Gelenke zum Beugen und Strecken und es verlangt von unseren Muskeln und unserem Nervensystem, härter zu arbeiten.“ All dies hilft, Beweglichkeit, Kraft und Gleichgewicht zu erhalten.

 

Wählen Sie die richtigen Schuhe

Obwohl häufig die Vorteile zusätzlicher Dämpfung angepriesen werden, gibt es laut Langer keinen Zauberschuh, der für jeden ideal ist. Einer der größten Fehler sei, sich auf Bewertungen oder Empfehlungen von Verkäufern für die „besten“ Schuhe zu verlassen. „Tragekomfort ist sehr wichtig, aber Komfort ist komplex“, sagt er. „Ich mag zum Beispiel eine gepolsterte – aber nicht zu stark gepolsterte – Ausballung und einen breiten, runden Zehenraum.“

 

Helen Branthwaite ist Dozentin für klinische Biomechanik an der Staffordshire University in Großbritannien. „Untersuchungen zufolge beeinflussen Schuhe, wie wir uns bewegen und welchen Druck wir auf unsere Füße ausüben“, erklärt die Expertin. „Wenn Schuhe beim Anprobieren nicht auf Anhieb bequem sind, lassen Sie sie am besten im Laden stehen. Die Vorstellung, dass man Schuhe einlaufen kann oder sie sich mit der Zeit dehnen, ist Unsinn.“

Branthwaite, die auch eine Fußpflegepraxis betreibt, empfiehlt jedem, Schuhe zu wählen, die der Form seiner Füße entsprechen. Haben Sie also einen eher breiten Fuß, sollten Sie zu etwas breiteren Schuhen greifen. Achten Sie zugleich immer darauf, dass Ihr Fußgewölbe unterstützt wird. Branthwaite selbst trägt am liebsten Turnschuhe, besitzt aber auch ein, zwei Paar hochhackige Schuhe.

Ihre Patienten berät die Podologin auch im Hinblick darauf, ob nicht schon das richtige Schuhwerk ihr spezifisches Fußproblem löst. Das könnten Schuhe mit mehr Dämpfung bei Fersenschmerzen oder glatten Innennähten bei Hallux valgus sein. „Manchmal ist der Schuh die Behandlung“, sagt Branthwaite. Inzwischen gibt es sogar Hersteller, die Schuhe speziell für bestimmte Fußprobleme wie Hallux valgus anbieten. Eine von Branthwaites Patientinnen litt unter so starken Schmerzen im Fußgewölbe, dass sie ihren Hund nicht mehr ausführen konnte. Auf den Rat der Podologin tauschte sie ihre dünnen Ballerinas gegen stabile, stützende Wanderstiefel ein.

2021 untersuchten französische Forscher, wie sich das Tragen von Schuhen, die speziell zur Verbesserung des Gleichgewichts und der Stabilität entwickelt wurden, auf Sportler, aber auch auf Menschen über 65 auswirkte. Schließlich stürzen mehr als 30 Prozent der über 65-Jährigen jedes Jahr mindestens einmal, und Stürze sind für 90 Prozent der Hüftfrakturen verantwortlich. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass die Schuhe nicht nur das Gleichgewicht verbesserten, sondern ihren Trägern auch ein sichereres und stabileres Gefühl beim Gehen gaben.