Tückische Wüste
Ein kleiner Irrtum, ein falsches Abbiegen, ein paar lumpige Kilometer – der Unterschied zwischen Leben und Tod. Zwei Schreckenstage in mörderischer Sonnenglut.
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Es begann ganz harmlos in einer heißen Juninacht 1959, als ich mit meiner alten Limousine mitten in der Mojavewüste in Kalifornien von der Bundesstraße 91 auf einen Schotterweg abbog. Ich war erst 18 und wusste noch nicht, dass einen in der sommerlichen Wüste ein Augenblick der Gedankenlosigkeit Schritt für Schritt unweigerlich in die Katastrophe führen kann.
Ein grauhaariger Prospektor (Goldschürfer) hatte meinem 16-jährigen Schulfreund Jim Twomey und mir gesagt, die Straße führe zu der aufgegebenen Rasor Ranch am Rande des sogenannten Teufelsspielplatzes. Solche verlassenen Orte in der Wüste reizten mich – und auch das, was der Prospektor über die Klapperschlangen dort erzählt hatte. Als angehender Zoologiestudent sammelte ich allerlei Tiere, um mir etwas hinzuzuverdienen.
Wir hatten für ein paar Tage Proviant im Wagen, und die Ranch sollte eine gute Quelle haben. Doch ich wäre nie mit nur zwei Halbliterflaschen Trinkwasser von der Hauptstraße abgebogen, wenn ich nicht so hundemüde gewesen wäre. Es ging schon auf Mitternacht zu. Wir waren mehr als 650 Kilometer von San Francisco gefahren, dann hatten wir am Nachmittag in der sengenden Sonne Vögel beobachtet.
Bei dem halb im Sand begrabenen Autoreifen, den der Prospektor erwähnt hatte, bog ich ab und fuhr die im Mondschein liegende Schotterstraße entlang. Nach einer Weile kamen wir an eine kleine Sandzunge, die sich quer über die Straße schob. Ich gab Gas, wir pflügten hindurch und dann noch durch drei weitere Verwehungen. Nach der vierten sahen wir im Licht unserer Scheinwerfer keine Schotterstraße mehr, sondern bloß fahlen, welligen Sand. Ein paar Meter noch behielt der Wagen seinen Schwung. Dann wühlten sich die Räder immer tiefer ein. Mit einem Ruck blieb das Auto stehen.
Ganz klar – ich war falsch abgebogen. Wir stiegen aus und schritten die Strecke bis zur Schotterstraße ab. Es waren 60 Meter. Jim wollte schlafen und erst am anderen Morgen mit dem Ausbuddeln anfangen. „Nein“, entschied ich. „Das machen wir lieber gleich. Dauert doch bloß ein paar Minuten.“ Nach einer Stunde hatten wir nicht einen Zentimeter geschafft. Die Hinterräder hatten sich nur noch tiefer in den Sand gewühlt.
Als wir dann im Mondlicht nach Steinen zum Unterlegen suchten, stießen wir auf die Reste eines alten Feldbahngleises. Die Schienen waren zwar abmontiert, doch ein paar Holzschwellen lagen noch da. Neun Stück fanden wir, mehr oder weniger morsch. Eine nahmen wir als feste Unterlage, wuchteten mit dem Wagenheber das Auto hoch und legten die Schwellen in Doppelreihe aus. Vorsichtig bugsierte ich dann den Wagen zurück. Er rollte langsam, aber stetig zwei, drei Meter. Dann (...)
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