Spielen und Lachen

Autor: Richard Glover

Bei Papa ist noch Platz

Weil unsere Eltern all unseren Kram entsorgt haben, heben wir den unserer Kinder auf.

Illustration: Ein Mann sitzt vor einem großen Stapel Pappkartons. Auf den Kartons stehen Fußball-okale. Neben dem Mann stehen ein alter Roboter, ein Hockeyschläger und Urkunden.

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© Nils Fliegner

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Es wurde viel über die elterliche „Bank“ gesprochen, aber was ist mit dem Lagerraum bei Mama und Papa? Dort befinden sich all die Sachen, die Ihre erwachsenen Kinder zurückgelassen haben – Zeug, das Sie nicht ohne deren Zustimmung wegwerfen können, das aber jeden Schrank, jede Schublade und jede freie Fläche füllt. Meine Kinder gehören zur Gene­ration „Jedes Kind bekommt einen Preis“. Allein die Fußballtrophäen könnten ein kleines Museum füllen. Dann gibt es noch die Urkunden von Schulprojekten, die mit Stempeln übersät sind, auf denen „Gut gemacht!“ oder „Du bist ein Champion!“ steht. Nur ein Monster würde sie wegwerfen. Inzwischen leben die längst vergessenen Hobbys meiner Kinder in Pappkartons weiter, die sich in der Garage, im Schuppen und auf dem Dachboden stapeln. Die Phase des Heimbrauens mag vor 15 Jahren nur 18 Monate gedauert haben, aber hier überlebt sie mit Brautank, Flaschenverschluss­maschine und Reinigungsbürste.
„Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich die Sachen loswerde?“
„Besser, du behältst sie“, lautet die Antwort. „Vielleicht fange ich das Brauen doch noch mal an.“
„Was ist mit der Dörrmaschine, die du 2014 bei Aldi gekauft und etwa dreimal benutzt hast?“
„Die hatte ich ganz vergessen. Ich nehme sie vielleicht mit, wenn ich das nächste Mal vorbeikomme.“
„Und das Mini-Aquarium?“
„Wenn Pip älter ist, will er es bestimmt haben.“
Wir bewahren also Dinge auf, für den Fall, dass die Enkelkinder sie wollen! 

Meine Kindheit war – glaube ich – genauso lang wie die meines Nachwuchses, hat aber weniger Artefakte hervorgebracht. Da ist die gerahmte „Kleiner Profi-Camper“-Urkunde des Fitnesscamps aus einem Sommer vor langer Zeit. Und eine, die belegt, dass ich beim Schulwettschwimmen Zweiter geworden bin, sowie drei Kinder­bücher. Der Rest meiner Kindheit wurde in dem Moment weggeworfen, als ich mich umdrehte. Das große Entrümpeln war bei den Eltern in meiner Jugend Standard. Man beendete die Schule, winkte den Eltern zum Abschied zu, und sobald man das Ende der Straße erreicht hatte, belud der Vater bereits den Lieferwagen. „Weg damit ...“ Es war, als wäre man in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen worden und die Eltern müssten alle Spuren der eigenen Existenz beseitigen. Die Spurensicherung hätte jede Oberfläche auf Ihre DNA untersuchen können und wäre nicht fündig geworden.

Im Radio höre ich immer wieder Menschen, die noch nach Jahrzehnten  um Sachen trauern, die ihre Eltern weggeworfen haben (...)

 

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