Wenn die KI so schlau ist, warum ist das Internet dann so dumm?
Schöne neue Welt der Künstlichen Intelligenz? Unser Autor hat da so seine eigenen Erfahrungen gemacht...

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Wenn künstliche Intelligenz – kurz KI – angeblich so schlau ist, wie kommt es dann, dass das Internet immer noch erstaunlich dumm ist? Beispielsweise bombardiert es einen ständig mit Werbung für Produkte, die man bereits gekauft hat. Vergangene Woche waren Sie beispielsweise auf der Suche nach einem Kinderwagen. Aber nachdem Sie einen erworben haben, brauchen Sie ja erst einmal kein weiteres Exemplar. Warum erkennt dann das Internet – das angeblich auf die Brillanz der KI setzt – diesen einfachen Algorithmus der menschlichen Fortpflanzung nicht?
Dasselbe gilt für den Urlaub in Griechenland, das Fernglas zur Vogelbeobachtung oder das neue E-Bike: alles Dinge, die, einmal gebucht oder gekauft, wahrscheinlich nicht noch einmal benötigt werden, zumindest für eine Weile. Stattdessen geht das Internet davon aus, dass man nach der Bestellung eines E-Bikes sofort 20 weitere haben möchte. In den nächsten zehn Wochen sieht man dann nichts als Werbung für E-Bikes – auf Facebook, Instagram und sogar in der Onlinezeitung. Ehrlich gesagt wäre es sinnvoller, Erste-Hilfe-Sets anzubieten, falls man von seinem verdammten E-Bike fällt.
Das ist so nervig, oder meine ich „dass ist so nervig“? Eigentlich meine ich das Erste, aber den Unterschied zwischen „das“ und „dass“ zu erkennen, übersteigt schon mal die Fähigkeiten der Rechtschreibprüfung meines Textverarbeitungsprogramms. In der Hälfte der Fälle unterstreicht sie beide Varianten mit blauen Linien. Wie eine Art Wahrsager, der Probleme kommen sieht, aber nicht angibt, welcher Art sie sind. Das ist bei meinem Computer oft der Fall. Er bietet Hilfe an, obwohl er der Aufgabe nicht gewachsen ist. „Hast du schon einmal darüber nachgedacht, das etwas prägnanter zu schreiben?“, werde ich gefragt. „Nein, denn mir gefällt es so, wie es ist. Hau ab!“ Das erinnert mich an den Kunden, der um den Mechaniker oder den Klempner herumschwirrt und ständig sinnlose Ratschläge erteilt.
Hier ist ein weiteres Beispiel: Immer wenn ich bei der Arbeit E-Mails erhalte, schlägt mir das Programm eine Antwort vor. Dafür scannt es die eingehende E-Mail und stellt zum Beispiel fest, dass sie einen Terminvorschlag für ein Treffen mit einem bestimmten Zeitpunkt und Ort enthält. Daher lautet der Antwortvorschlag: „Klar, machen wir! Bis dann!“ Nun hat das Programm die eingegangene E-Mail nicht wirklich „gelesen“, sondern lediglich die Tatsache erfasst, dass ein Treffen vorgeschlagen wurde. Was, wenn es in der E-Mail heißt: „Angesichts Ihrer Affäre mit meiner Frau Samantha fordere ich Sie zu einem Duell heraus. Wir werden bis zum Tod kämpfen und zwar mit Macheten, Heugabeln und Fackeln. Wie wäre es um zwölf Uhr im Parramatta Park?“
Vorgeschlagene Antwort: „Klar, machen wir! Bis dann!“
Das ist typisch für die Welt der Technik. Jede Innovation scheint die Welt ein wenig dümmer zu machen. Die neueste „Verbesserung“ ist die Bestellung im Restaurant vom Tisch aus mit seinem Smartphone und einem QR-Code, den man scannen kann. Ist das Curry mild oder scharf? Ist Koriander in der Guacamole? Das muss ich wissen, weil ich allergisch gegen Koriander bin. Es gibt aber niemanden, den man fragen kann, also muss man es einfach riskieren. Anschließend wird man auch noch aufgefordert, anzutippen ob man 10 oder 15 Prozent Trinkgeld geben möchte – für die Dienstleistung, die man noch gar nicht in Anspruch genommen hat.
Die Aktienmärkte glauben, dass KI jedes Problem lösen, jeden Arbeitsplatz verändern und den Unternehmen Milliarden einsparen wird. Ich habe da so meine Zweifel. Mein Lieblingsbeispiel, das vom australischen KI-Spezialisten Toby Walsh stammt, betrifft die Schreibweise des Wortes „Banane“.
Wenn Sie eine KI wie ChatGPT, die auf ein sogenanntes Large Language Model (etwa: großes Sprachmodell) setzt, fragen, wie viele „B“ im Wort
Banane enthalten sind, wird Ihnen – sofern Sie keine speziellen Anweisungen hinzugefügt haben – gesagt, dass das Wort zwei oder drei „B“ enthält.
Das ist natürlich dumm, aber die Trainingsdaten zur Rechtschreibung von „Banane“ stammen von Menschen, die gefragt haben, wie viele „A“ das Wort enthält. Niemand hat jemals gefragt, wie viele „B“ in „Banane“ enthalten sind, da die Antwort offensichtlich ist – na ja, für alle, außer für das ausgeklügelte System namens KI.
Vielleicht besteht der einzige Ausweg darin, die Rechtschreibprüfung auszuschalten und der KI abzuschwören? Ich würde ja online gehen und ein gedrucktes Wörterbuch kaufen. Aber dann bombardiert mich das Internet fünf Monate lang mit Werbung für Wörterbücher.