Katie Melua: Glück in der Liebe
Die Sängerin über ihr Baby und die Angst vor Putins Kriegsmaschine.

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Seit dem Beginn ihrer Karriere waren Songs über die Sehnsucht nach der großen Liebe Katie Meluas Erfolgsrezept. Diese Themen kamen nicht von ungefähr: Trotz acht Alben, die sich über elf Millionen Mal verkauften und Hits wie Nine Million Bicycles – privat war die zierliche Frau mit Wohnsitz London alles andere als glücklich. Das hat sich geändert. Im November 2022 brachte Melua ihren Sohn Sandro zur Welt. Das neue Album Love & Money gibt Auskunft über ihre aktuelle Gefühlswelt. Ende April 2023 geht die 38-Jährige damit auf Tournee.
Reader’s Digest: Ihre neuen Songs legen nahe, dass es gravierende Veränderungen in Ihrem Leben gab – was ist passiert?
Katie Melua: Wahnsinnig viel, gerade privat. Ich habe eine schwere Zeit durchgemacht, mich von meinem ersten Ehemann scheiden lassen. Mit Liebe und Beziehungen wollte ich nichts mehr zu tun haben – bis ich mir Anfang 2020 sagte: „Es reicht. Ich werde wieder ausgehen, neue Leute treffen und jemanden finden.“ Doch dann kam Covid. Trotzdem lernte ich ein halbes Jahr später einen Mann kennen. Eine gute Freundin meinte, sie hätte da jemanden, den ich treffen sollte. Die neuen Songs versuchen, das Gefühl des Verliebtseins einzufangen.
Wie „First Date“ über die erste Verabredung mit Ihrem neuen Partner?
Ja, Ollie – so heißt er – und ich sind nach Margate in Kent gefahren, um Algen zu sammeln. Das sind zwei Autostunden von London, und es war ein ziemlich regnerischer Tag. Trotzdem sind wir barfuß ins Wasser und haben Algen gesucht. Dieses erste Date lief richtig gut, und danach haben wir uns öfter getroffen. Nicht nur das: Als im Herbst 2020 der zweite Lockdown kam, sind wir zusammengezogen, weil es sonst illegal gewesen wäre, sich weiter zu treffen.
Dinge passieren also, wenn man am wenigsten damit rechnet?
Genau. Ich hatte schon nicht mehr daran geglaubt, jemanden zu finden, mit dem ich gern den Rest meines Lebens verbringen würde. Aber es ist passiert, und im letzten November habe ich ein Kind bekommen. Das neue Album ist das erste, das ich als Mutter veröffentliche. Es wird interessant sein, zu sehen, ob ich die Balance zwischen Familie und Karriere hinbekomme.
Ihr Sohn heißt Sandro. Ist das ein typisch georgischer Name?
Es ist ein georgischer Name, hat aber auch auf Englisch einen schönen Klang. Wir wollten einen Namen, der in beiden Sprachen funktioniert.
Sie standen 20 Jahre lang entweder im Studio oder auf der Bühne, gelten als Workaholic. Ist damit nun Schluss?
Ja. Wobei ich aber auch sagen muss, dass es großen Spaß macht, Platten aufzunehmen. Und natürlich ist es ein gigantischer Boost fürs Ego – genau wie auf der Bühne zu stehen und zu hören, wie dir Leute zurufen oder applaudieren. Das sorgt für ein riesiges High. Nur: Mit den Jahren erkennst du, dass du irgendwann erwachsen werden musst. Und ich wollte dasselbe private Glück wie meine Freunde, die längst Kinder haben, von denen einige sogar schon Teenager sind. Ich habe also erkannt, wie wichtig mir das ist.
Ende April gehen Sie auf Tour – wie handhaben Sie das mit Baby?
Da kümmert sich Ollie drum. Er geht in Elternteilzeit, was bedeutet, dass er sich die Wochen freinimmt, in denen ich unterwegs bin.
Als gebürtige Georgierin: Haben Sie Angst, die Geschehnisse in der Ukraine könnten sich in anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion wiederholen?
Ganz ehrlich: Georgien ist viel kleiner als die Ukraine, deren Fläche der von Frankreich und Deutschland zusammen entspricht. Ich befürchte: Sollte sich Russland entscheiden, gegen Georgien vorzugehen wie gegen die Ukraine, hätten wir keine Chance. Insofern ist da eine Menge Angst.
Aktuell leben etwa 120.000 russische Kriegsdienstverweigerer in Georgien – worüber die Menschen dort wenig glücklich zu sein scheinen. Warum?
In unserer Kultur gibt es diesen Leitsatz, der jedem Kind beigebracht wird: „Ein Gast ist ein Geschenk Gottes.“ Jeder, der zu uns kommt und unsere Kultur wertschätzt, ist also willkommen. Gleichzeitig sind die Georgier frustriert, weil sie wollen, dass Putin und sein Regime abgelöst werden. Wir haben ja 2008 selbst erlebt, wie aggressiv Russland ist. Es gibt immer noch ein besetztes Gebiet und die Wut darüber ist groß. Insofern ist man zurückhaltend gegenüber den Russen, die sich abzusetzen versuchen. Das Ganze geht mir sehr nahe: Mein Vater ist zu einem Viertel Russe und viele von uns Georgiern sprechen Russisch.