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Autor: Jens Bey

Spannung in der Tiefe

Erdbeben bringen uns aus dem Gleichgewicht. In Deutschland spürt man sie aber eher selten.

Ein Seismograph zeichnet Erschütterungen auf.

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©istockfoto.com / Morrison1977

Der feste Boden unter unseren Füßen. Er ist sicher und stabil, sprichwörtlich. Und doch trügt das Gefühl, denn kilometertief im Erdinneren herrscht jede Menge Bewegung. Riesige Kontinental- und Erdplatten verschieben sich, mal millimeter-, mal zentimeterweise. Sie schrammen aneinander vorbei, bewegen sich aufeinander zu oder voneinander weg. Dabei bauen sich immense Spannungen auf – die sich irgendwann lösen, ruckartig und plötzlich. Dann zieht es uns buchstäblich den Boden unter den Füßen weg: Erdbeben!

Sie erschüttern uns bis ins Mark, weil ganz plötzlich die Welt, in der wir leben, unsere Lebens-Grundlage, aus dem Gleichgewicht gerät. Daher nahmen die Menschen von der Antike bis ins Mittelalter an, ihre Götter oder ihr Gott wollten sie bestrafen. In Japan wiederum glaubte man, dass Namazu, ein riesiger Wels, die Beben auslöste, wenn er sich tief unter der Erde regte.

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts kam man den Erdbeben auf die Spur. Keine riesigen Höhlenfeuer, keine elektrischen Entladungen, nein, die Bewegungen der Erdplatten sollten dafür verantwortlich sein. Der Polarforscher und Geowissenschaftler Alfred Wegener (1880–1930), der als Erster von Plattentektonik und Kontinentaldrift sprach, sollte es nicht mehr erleben, dass seine Theorie wissenschaftlich anerkannt wurde. 

Schon leichte Erdbeben entwickeln riesige Kräfte

Sicher vorhersagen kann man Erdbeben deshalb trotzdem nicht. Ein paar Gewissheiten gibt es aber: Deutschland etwa liegt weit weg von größeren Plattengrenzen, weshalb es nur selten – vor allem in der Kölner Bucht, auf der Schwäbischen Alb oder bei Gera – spürbar rumpelt, mancherorts auch ausgelöst durch den Bergbau. Die höchsten von Seismografen hierzulande gemessenen Magnituden liegen rund um 6 auf der bekannten Richterskala.

Allerdings setzt bereits ein „leichtes“ Erdbeben der Stärke 4 rein mechanisch die Energie einer kleine Atombombe frei. Das aber ist weit entfernt von der 9,1, die die Geräte am 26. Dezember 2004 vor der Nordwestküste Sumatras erfassten. Das Seebeben, das durch das ruckartige Anheben des Meeresbodens eine Reihe von Riesenwellen, Tsunamis, auslöste, gehört mit rund 230 000 Todesopfern zu den verheerendsten Naturkatastrophen der Menschheit.