Viel Komfort für wenig Geld

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Seit Monaten gehen die Heizkosten nur in eine Richtung: steil nach oben. „Die Gaspreise sind in den vergangenen Monaten um durchschnittlich 111 Prozent gestiegen“, sagt Thorsten Storck vom deutschen Vergleichsportal Verivox. Und es geht weiter aufwärts: Weil viele Versorger Preise und monatliche Abschläge erst nach und nach anpassen, kämen die Preissprünge auf dem Energiemarkt nur zeitverzögert in der Haushaltskasse an, so Storck. „Erst im nächsten und übernächsten Jahr werden sich die aktuellen Preissteigerungen bei allen Haushalten voll bemerkbar machen“, warnt der Energieexperte und rät, für die nächste Jahresabrechnung Geld zurückzulegen oder den monatlichen Abschlag schon jetzt zu erhöhen. Wer mit Öl heizt, ist genauso betroffen. Ein Liter Heizöl kostete Mitte 2022 mit mehr als 1,40 Euro doppelt so viel wie im Vorjahr.
Um die Versorgung im kommenden Winter sicherzustellen und untragbar hohe Energiekosten sowie die Abhängigkeit von importiertem Öl und Gas zu reduzieren, rufen Spitzenpolitiker in ganz Europa private Haushalte zum Energiesparen auf. Doch welche Sparmaßnahmen lassen sich noch rechtzeitig umsetzen? Den Oldtimer im Heizungskeller durch eine neue, effiziente Heizung zu ersetzen oder ein älteres Haus energetisch gründlich zu sanieren, erfordert Zeit und Geld.
Die gute Nachricht: Auch ohne Großbaustelle und fünfstellige Investitionen können Sie Ihre Kosten spürbar reduzieren. „Durch sparsames Heizen und einfache, günstige Maßnahmen lässt sich der heimische Energieverbrauch durchaus um 10 Prozent senken“, bestätigt Martin Pehnt vom Institut für Energie- und Umweltforschung ifeu in Heidelberg. Wer darüber hinaus zu überschaubaren Ausgaben bereit sei und beispielsweise die Kellerdecke oder die oberste Geschossdecke dämme sowie die vorhandene Heizung vom Fachbetrieb optimieren lasse, könne auch deutlich mehr sparen. „Am besten sofort loslegen“, rät Martin Pehnt.
Temperatur: Jedes Grad zählt
Die simpelste Sparmethode lautet: Die Heizung runterdrehen. Pro Grad Raumtemperatur können Sie im Schnitt 6 bis 7 Prozent Energie einsparen – in schlecht gedämmten Räumen sogar oft sogar mehr. Das schont nicht nur die Haushaltskasse, sondern verbessert auch das Klima und die Importbilanz.
„Rund ein Fünftel der Wohngebäude in der Schweiz wird mit Gas geheizt. Würden alle zwei Grad weniger heizen, müssten wir fürs Heizen 12 bis 14 Prozent weniger Gas importieren“, rechnet Léonore Hälg von der Schweizerischen Energie-Stiftung vor.
Heizkörper: öfter abdrehen
Wer sparsamer heizen möchte, ohne zu frieren, sollte sich mit der Skala auf dem Thermostatkopf seiner Heizkörper beschäftigen. Dort finden Sie üblicherweise die Zahlen 1 bis 5. Stufe 3 entspricht ungefähr einer Raumtemperatur von 20 bis 21 Grad und damit der gängigen Wohlfühltemperatur in Wohnräumen.
Zum Schlafen genügen 16 bis 18 Grad, also Stufe 2. Nachts und wenn Sie tagsüber längere Zeit außer Haus sind, sollten Sie die Temperatur in den Wohnräumen um eine Stufe senken, also etwa 3 bis 4 Grad. Das spart mehr Energie, als die Heizung komplett abzudrehen und den ausgekühlten Raum abends neu aufzuheizen. Denken Sie daran, die Türen zwischen unterschiedlich temperierten Räumen zu schließen. Wichtig: Wenn Sie in einem kalten Zimmer den Heizkörper „voll“ (Stufe 5) aufdrehen, wird es nicht schneller warm. Stattdessen wird der Raum auf 25 Grad oder mehr aufgeheizt – mit teurer Energie, die Sie sich sparen können.
Thermostatventile: tauschen
Um die Zimmertemperatur zuverlässig und sinnvoll zu regulieren, müssen die Thermostate an sämtlichen Heizkörpern einwandfrei funktionieren. Sie bestehen aus einem Wärmefühler und einem Ventil, das die Heizwasserzufuhr reguliert. Die Lebensdauer liegt bei rund 15 Jahren, ältere Thermostate sollten Sie sicherheitshalber ersetzen. Lässt sich der Drehknauf nur noch schwer bewegen oder bleibt Ihre Heizung unabhängig von der gewählten Stufe permanent gleich heiß, ist ein Austausch auf jeden Fall geboten. Eine preiswerte Maßnahme, die sich schnell bezahlt macht: Das Klimaschutzportal co2online.de schätzt, dass allein durch den Austausch überalterter, verschlissener Thermostate bundesweit etwa drei bis vier Millionen Tonnen CO2 und Heizkosten von rund einer Milliarde Euro jährlich eingespart werden könnten. Manuell einstellbare Thermostate gibt es bereits ab etwa acht Euro.
Smarte Technik spart Geld
Wer die Raumtemperaturen nicht permanent selbst regulieren und trotzdem konsequent Energie sparen möchte, der kann in programmierbare Thermostatköpfe investieren. Damit können Sie die Raumtemperatur abhängig von Wochentag und Uhrzeit automatisch absenken oder anheben. So haben Sie es morgens, wenn Sie aufstehen und abends, wenn Sie nach Hause kommen, schön warm, ohne in der Zwischenzeit unnötig leere Räume zu heizen. „Mit dem Einbau von programmierbaren Thermostaten schaffen Verbraucherinnen und Verbraucher mit einer kleinen Investition große Ersparnisse und haben gleichzeitig einen Komfortgewinn“, sagt Energiesparexpertin Tanja Loitz von co2online.
Die günstigsten Modelle kosten zwischen 20 und 30 Euro, Funkthermostate gibt es ab etwa 60 Euro. Vorteil: Funkgeräte lassen sich per Smartphone-App oder PC zentral steuern. In Kombination mit digitalen Sensoren an den Fenstern erkennen besonders smarte Modelle sogar geöffnete Fenster und reduzieren automatisch die Wärmezufuhr. In einer Wohnung mit Gasheizung lassen sich durch elektronische Thermostate mehr als 100, in einem Einfamilienhaus sogar mehr als 200 Euro jährlich sparen.
Dichten und dämmen
Die Heizung läuft, aber Ihnen ist trotzdem kalt? Schuld sind oft zugige Fenster und Türen oder wärmedurchlässige Außenwände. Im Baumarkt erhalten Sie für wenig Geld selbstklebende Schaumstoffbänder oder Gummidichtungen, um Fensterrahmen abzudichten. Mit minimalem Aufwand sparen Sie so bis zu 100 Euro pro Jahr. Die Wohnungstür können Sie mit einem Zugluftstopper abdichten. Weiteres Wärmeleck: Insbesondere in schlecht gedämmten Altbauten geht im Bereich der Heizkörpernischen wertvolle Energie über die Außenwände verloren. Abhilfe schafft hier eine vollflächig verklebte, mehrere Zentimeter dicke Dämmschicht. Um diese anzubringen, muss allerdings der Heizkörper demontiert werden.
Mollig warmer Heizungskeller?
Hausbesitzer aufgepasst: Befinden sich in Ihrem Heizungskeller noch ungedämmte Heizungsrohre, sollten Sie diese isolieren. In Deutschland schreibt das sogar die Energieeinsparverordnung (EnEV) vor. Wärmeführende Leitungen in unbeheizten Räumen und Kellern müssen mit einer sogenannten 100-Prozent-Dämmung ausgestattet werden. Das heißt: Die Dämmschicht muss genauso dick sein wie der Rohrdurchmesser. Jeder Meter, den Sie dämmen, reduziert die Heizkosten um etwa 10 Euro pro Jahr. Preiswerte Schaumstoffschläuche oder Rohrschalen zur Selbstmontage gibt es bereits ab zwei bis drei Euro pro Meter in jedem Baumarkt. Die Kellerdecke zu dämmen kann je nach Quadratmeterzahl und Temperaturunterschied ebenfalls 100 Euro pro Jahr oder mehr einsparen.
Kaltes Wasser genügt
Körperpflege ist wichtig, doch auch dabei können Sie ordentlich Energie sparen: „Rund ein Fünftel des jährlichen Gasverbrauchs entfällt in einem durchschnittlichen Haushalt auf Warmwasser“, sagt Martin Pehnt vom ifeu. Als kurzfristige Sparmaßnahmen empfiehlt er, kürzer zu duschen, Sparduschköpfe einzubauen und die Hände mit Kaltwasser zu waschen. Das sei keinesfalls unhygienisch, betont auch Tanja Loitz und widerspricht dem Irrglauben, erst sehr hohe Temperaturen würden Keime abtöten. Seife entferne bei sorgfältiger Verwendung auch mit kaltem Wasser fast alle Erreger. „Wenn sich in einem 3-Personen-Haushalt jeder fünfmal am Tag die Hände mit zwei Liter kaltem statt warmem Wasser wäscht, spart das bei den aktuellen Gaspreisen rund 70 Euro pro Jahr“, rechnet sie vor. Wird das Wasser elektrisch erhitzt, fällt die Ersparnis sogar noch höher aus.
Beim Duschen können Sie es halten wie Robert Habeck: „Meine Duschzeit habe ich noch mal deutlich verkürzt“, sagt der deutsche Wirtschafts- und Klimaminister, der nach eigenen Angaben ohnehin noch nie länger als fünf Minuten geduscht hat. Oder Sie schaffen einen Sparduschkopf an. Der sorgt dafür, dass pro Minute maximal fünf bis sechs Liter Wasser aus der Leitung strömen – etwa halb so viel, wie bei einer herkömmlichen Brause. Das senkt auch den Energiebedarf für das Erwärmen des Wassers. „Ein nachhaltiges und praktisches Weihnachtsgeschenk“, finden Tanja Loitz und ihre Kollegen von co2online.
Heizungsanlage einstellen
Hausbesitzer, die ihre eigene Heizungsanlage betreiben, sollten auch hier alle Sparmöglichkeiten ausschöpfen. Damit die Anlage effizient läuft, müssen die Einstellungen auf den Energiebedarf des Hauses und das Wärmebedürfnis der Bewohner abgestimmt sein. Bei vielen Heizungen ist das bisher nicht der Fall. Neben der anlagentechnischen Modernisierung veralteter Heizungen weist der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie auch auf kurzfristig umsetzbare Maßnahmen hin. Erheblich sparen können Sie beispielsweise, wenn Sie die Zirkulation des Warmwassers abschalten oder zumindest zeitlich begrenzen. Dann dauert es zwar etwas länger, bis warmes Wasser aus dem Hahn strömt, doch die Gasersparnis rechtfertigt den Mehrverbrauch an Wasser. Zudem lohnt ein Blick ins Steuerungsmenü auf die sogenannte Heizkurve. Sie legt fest, welche Vorlauftemperatur Ihre Heizanlage abhängig von der Außentemperatur bereitstellt und ab welcher Gradzahl sich Brenner und Pumpe abschalten. Oft lassen sich die voreingestellten Werte und damit der Energieverbrauch ohne Abstriche am Komfort deutlich absenken.
Damit die Heizung nicht unnötig läuft, sollte die erzeugte Wärme möglichst optimal im Haus verteilt werden. Bleiben einzelne Heizkörper in weiten Bereichen kalt, ist vermutlich eine Entlüftung fällig. Werden dagegen einige Räume im Haus zu warm, während andere trotz weit aufgedrehter Heizkörper dauerhaft zu kühl bleiben, kommt dort entweder zu viel oder zu wenig Heizwasser an. In diesem Fall erreicht ein sogenannter hydraulischer Abgleich, dass jeder Heizkörper genau die Menge an Heizwasser erhält, die notwendig ist, um die gewünschte Wärme zu erzeugen.
Den hydraulischen Abgleich müssen Sie von einem Fachbetrieb durchführen lassen. Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus kostet er zwischen 500 und 1000 Euro. Im Gegenzug reduziert eine optimal eingestellte Anlage den Energieverbrauch um bis zu 15 Prozent.
Alternative Energiequellen
Spätestens, wenn ein Heizungstausch ansteht, sollten Sie den Umstieg auf erneuerbare Energiequellen wie Solarthermie, Holzpellets, eine Wärmepumpe oder die Zukunftstechnologie Brennstoffzellen prüfen. Kurzfristig verringert eine zusätzliche alternative Wärmequelle wie ein gemütlicher
Kaminofen oder eine moderne Elektroheizung Ihre Abhängigkeit von steigenden Öl- und Gaspreisen.
Insbesondere in Verbindung mit einer Fotovoltaik-Anlage kann das punktuelle Heizen mit Strom sinnvoll sein, beispielsweise für selten genutzte oder ungünstig geschnittene Räume. Oder im Bad: Wer dort über eine elektrische Heizmöglichkeit verfügt, kann die zentrale Heizung länger im energiesparenden Sommerbetrieb lassen, ohne im Bad auf angenehme Temperaturen oder schnell trocknende Handtücher zu verzichten.
Standard-Umwälzpumpen aus den 1990er-Jahren oder davor zählen übrigens zu den größten Stromfressern im Haushalt, und Strom wird oft mit Gas erzeugt: „Auch Stromsparen ist Gassparen“, betont Martin Pehnt vom ifeu Institut. Ihrer Heizung eine neue effiziente Pumpe zu spendieren, kann sich also lohnen.