Gesundheit

Autor: Melissa Greer

Mit eiskaltem Wasser gegen Stress

Diese Behandlung hat viele gesundheitliche Vorteile: Kälte erhöht den Spiegel der Wohlfühlhormone Serotonin und Dopamin.

Mann in geringeltem Badeanzug mit Badeente steht im Winter am zugefrorenen See.

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©istockfoto.com / Nastco

Es mag nicht verlockend klingen, in eiskaltes Wasser einzutauchen. Doch die Vorteile könnten das kurzfristige Unbehagen aufwiegen. Menschen, die Kaltwassertherapie anwenden, berichten, das Verweilen in 15 Grad kaltem Wasser (etwa zehn Grad kälter als die durchschnittliche Poolwassertemperatur) stärke ihren Körper, lasse den Kopf klar werden und lindere sogar Schmerzen. In den letzten Jahren ist diese Therapie populär geworden, was zum Teil auf Wim Hof zurückzuführen ist. Der niederländische Extremsportler hat eine Methode der Kältetherapie entwickelt, bei der bestimmte Atemtechniken gezielt eingesetzt werden. Um einen neuen Trend handelt es sich dennoch nicht. Seit mehr als 2000 Jahren wird kaltes Wasser genutzt: Die Griechen in der Antike behandelten damit Müdigkeit und Fieber.

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In Skandinavien folgt auf einen traditionellen Saunagang ein kaltes Tauchbad. Der Wechsel zwischen Heiß und Kalt regt die Durchblutung der Haut und den Kreislauf an. Profisportler nutzen Eisbäder oder kalte Duschen, um den Muskelkater nach einem Wettkampf oder intensiven Training zu mildern. Und jüngste Forschungs­ergebnisse deuten auf Vorteile für die psychische Gesundheit und Stressbewältigung hin. „In kaltes Wasser zu steigen, bedeutet Stress für den Körper“, erklärt Dr. Mark Harper, Anästhesist und Autor von Rein ins kalte Wasser! „Der Körper reagiert wie auf jeden anderen Stress: Adrenalin und Noradrenalin werden ausgeschüttet, der Blutdruck sowie die Herzfrequenz steigen und der Atem wird schneller.“ Diese Art von willentlich herbeigeführtem Stress kann sich positiv auswirken, so eine 2019 in der Zeitschrift Neuroscience and Biobehavioral Reviews veröffentlichte US-Studie. Die Kombination von physiologischen Stressoren wie einer Kaltwassertherapie mit gezielter Meditation wie bewusstem Atmen trainiert offenbar das Gehirn, mit Stress umzugehen.

Jedes Mal, wenn jemand die Kälte überwindet und gestärkt daraus hervorgeht, wächst die Erwartung eines positiven Ergebnisses. Die Forscher glauben, dass man sich diese Ver­änderungen im Gehirn über die Kälte­toleranz hinaus auch im Alltag zunutze machen könnte. Die positive Einstellung spielte auch in einer kleinen britischen Studie eine Rolle, die 2020 veröffentlicht wurde. Sie begleitete 61 Personen, die zehn Wochen lang einmal wöchentlich an einem Kaltwasser-Schwimmkurs teilnahmen. Anschließend berichteten diese über größere Verbesserungen ihrer Stimmung und ihres Wohlbefindens als die Kontrollgruppe.

Harper, einer der Studienautoren, erklärt, der Kältereiz erhöhe den Spiegel der Wohlfühlhormone Serotonin und Dopamin. Schwimmen ist zudem ein guter Ausgleichssport und oft auch eine soziale Aktivität, die dazu beiträgt, Ängste abzubauen. Darüber hinaus stellen sich oft Freude und Motivation weiterzumachen ein. Harper schwimmt seit fast zwei Jahrzehnten in kaltem Wasser und vergleicht den Effekt der Kaltwassertherapie mit dem eines intensiven Trainings. „Es ist eine sehr effektive Art, den Körper zu trainieren“, sagt er. „Wenn man jedoch ein Herzleiden hat, muss man vorsichtig sein.“

Wer nicht gern schwimmt, kann auch kalt duschen. Eine niederländische Studie aus dem Jahr 2016 ergab, dass sich auch kaltes Duschen positiv auf das Immunsystem auswirkt: Bei Probanden, die täglich kalt duschten, verringerte sich die Wahrscheinlichkeit, krank zu werden, um 29 Prozent.

Wenn Sie Kaltwasser-Schwimmen ausprobieren möchten, sollten Sie mit kurzem Eintauchen beginnen – gerade lange genug, damit Ihr Körper den ersten Schock überwinden kann. Tauchen Sie zu Beginn niemals ganz ein, und schwimmen Sie immer in Begleitung! Steigern Sie die Zeit allmählich auf drei oder vier Minuten, mindestens einmal pro Woche. „Das genügt, um von den Vorteilen zu profitieren“, so Harper.

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